Zweites Buch.
Vorwort.
1. Der Architekt Deinokrates!), der viel auf die Fülle seiner
erfinderischen Gedanken und auf seine Geschicklichkeit pochte, reiste,
als Alexander sich der Weltherrschaft bemächtigte, von Macedonien
zum Heere, voll Begierde nach der Gunst des Königs. Er über¬
brachte aus dem Vaterlande von seinen Verwandten Briefe an die
Männer des ersten Ranges und purpurbekleidete Würdenträger, um
leichter Zutritt zu erlangen; und von diesen entgegenkommend auf¬
genommen, bat er sogleich, sobald als möglich vor Alexander geführt
zu werden. Nachdem sie es versprochen hatten, zögerten sie doch,
eine geeignete Zeit abwartend. Deshalb suchte Deinokrates, der sich
von diesen hintergangen glaubte, bei sich selbst Hülfe. Er war von
überaus stattlichem Wuchse, angenehm von Gesicht, und von höchster
Schönheit und Würde. Im Vertrauen auf diese Gaben der Natur
legte er in der Herberge seine Kleider ab, salbte seinen Leib mit Oel
bekränzte sein Haupt mit Pappellaub, hüllte die linke Schulter in
1) Deinokrates, dessen Name bei den vielen griechischen und römischen
Schriftstellern bedeutend variirt (vgl. Brunn, Geschichte der griech. Künstler II.
p. 351) wird auch noch als der Wiederhersteller des Artemistempels von Ephe¬
sus nach dem herostratischen Brande, und als der Architekt des Scheiterhaufens des
Hephästion genannt. Der Plan vom Athos wird auch von anderen Bericht¬
erstattern erwähnt. Während Vitruv den Architekten als Macedonier bezeichnet,
war er nach Eustathius (ad II. p. 229) von Rhegium, nach Pseudo-Kallisthenes
1. 31 und Julius Valerius (de r. gest. Alex. I. 21) von Rhodos.
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