Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

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geneigten Stellung der Welt gemäß unterhalb der Erde ist, verbor¬ 
gen und es ist ihnen der Aufgang über die Erde unmöglich, und so 
ist die Gestalt dieser Gestirne wegen der den Anblick hindernd ver¬ 
deckenden Erde nicht bekannt. Dafür gibt der Stern Kanopus einen 
Beleg, welcher in unseren Gegenden unbekannt ist, von welchem aber 
Kaufleute berichten, welche in die fernsten Landschaften Aegyptens 
und in die Gebiete, die den äußersten Gränzen der Erde zunächst lie¬ 
gen, gelangt sind. 
Sechstes Kapitel. 
Die Sternkunde auf Nativitätsstellungen und Witterungsprophezeihungen 
übertragen. 
1. Ueber die Umdrehung des Weltraumes und der zwölf Stern¬ 
bilder rings um die Erde und über die Vertheilung der Gestirne auf 
der nördlichen und südlichen Seite habe ich Bericht erstattet, damit 
dieß klar vorschwebe, denn aus dieser Umdrehung der Welt und aus 
der entgegengesetzten Bahn der Sonne durch die Sternbilder des 
Thierkreises und aus den Schatten der Sonnenzeiger in der Zeit der 
Tag= und Nachtgleichen werden die Verzeichnungen der Analemmen 
entwickelt. 2. Das Uebrige aus dem Gebiet der Sternkunde (Astro¬ 
logie), nämlich das auf die Einflüsse, welche die zwölf Sternbilder 
die fünf Planeten, Sonne und Mond auf die Lebensverhältnisse der 
Menschen haben, Bezügliche, müssen wir den Berechnungen der Chal¬ 
däer überlassen, weil diesen die Kunst der Genethliologie (Nativi¬ 
tätsstellung) eigen ist, die Kunst, noch nicht geschehene und künftige 
Dinge durch Rechnungen aus den Sternen zu erforschen. Diese und 
die übrigen Erfindungen aber sind Belege für die Geschicklichkeit und 
den großen Scharfsinn derjenigen, welche aus jener Nation der Chal¬ 
däer hervorgegangen sind. Und zuerst war es Berosos!), welcher 
auf der Insel und in der Stadt Kos sich niederließ und dort eine 
solche Schule eröffnete; hierauf kam der ihm nacheifernde Antipater 
und dann Achinapolos, der Nativitätsstellungen hinterließ, die nicht 
blos aus der Geburtszeit, sondern aus der Empfängnißzeit berechnet 
waren. 
1) Vgl. Kap. 2. 1.
	        
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