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wenn demnach bei so großen Zwischenräumen unser Gesicht dieß
wahrnehmen kann, wie mögen wir dann uns dafür entscheiden, daß
so dem Glanz und Schimmer der Gestirne Verdunkelung im Wege
stehen könne! 12. Es steht mithin für uns folgende Erklärung fest:
Wie die Wärme alle Dinge herauslockt und an sich zieht, sowie wir
z. B. durch den Einfluß der Wärme die Früchte aus der Erde in die
Höhe wachsen und ebenso die Wasserdämpfe von den Quellen durch
die Lüfte zu den Wolken getragen sehen, aus demselben Grunde zieht
auch die gewaltige Einwirkung der Sonne mit ihren durch die Figur
eines (Sternbild-) Dreieckes dringenden Strahlen die Sterne an sich
und läßt die vorankreisenden, sie gleichsam zügelnd und zurückhaltend,
nicht mehr vorwärtsschreiten, sondern zwingt sie, zu ihr zurückzugehen,
bis sie in das Sternbild eines anderen Dreiecks eintritt!).
13. Man könnte aber vielleicht die Frage aufwerfen, warum
denn die Sonne vielmehr in dem von ihr aus fünften Stern¬
bilde und nicht in dem ihr näherliegenden zweiten oder dritten
diese Zurückhaltungen durch ihre Hitze bewirke. Ich will daher den
Grund, aus welchem dieß so geschehen dürfte, entwickeln. Die
Strahlen der Sonne verbreiten sich in Geraden nach der Gestalt
eines gleichseitigen Dreieckes im Weltraume: dieß aber reicht genau
bis zum fünften Sternbilde von der Sonne an gerechnet ?). Wenn
nämlich die Strahlen über den ganzen Weltraum ausgegossen in
Kreislinien herumschweiften und nicht geradlinig in Dreieckform sich
ausbreiteten, so würden sie das Näherliegende verbrennen. Dieß
scheint auch der griechische Dichter Euripides wahrgenommen zu
1) So ändert Marini die dem Obigen widersprechende und unhaltbare
Stelle, non patitur progredi, sed ad se cogit regredi et in alterius trigoni
signum esse. Sollte die Aenderung des letzten Satzes et in alterius sq. in
donicum in alterius . . . eat zu gewaltsam sein, so könnte nur durch Versetzung
abgeholfen werden, so daß die Stelle lautete: non patitur progredi et in alte¬
rius trigoui signum esse, sed ad se cogit regredi.
2) Ich lese ad quintum ab eo signum, statt des gewöhnlichen ad quintum
ab eo signo, welche Aenderung ich für zweifellos halte, obwohl ich bekenne,
nicht zum vollen Verständniß dieser barocken Erklärung Vitruvs gelangen zu
können. Einfacher wäre es vielleicht gewesen, sie mit Schneider und Marini
ganz mit Stillschweigen zu übergehen. Möglicherweise ist hier etwas aus¬
gefallen.