Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

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ebenfalls Seeen von bedeutender Größe, welche sehr große Massen 
von Erdharz absondern, deren sich die Umwohnenden bemächtigen. 
9. Das ist aber nichts Wunderbares, denn dort sind Brüche 
von hartem Erdharz häufig. Wenn daher die Gewalt des Wassers 
durch Erdharz enthaltende Erde sich einen Weg bahnt, so nimmt sie 
dasselbe mit sich fort, und wenn das Wasser auf die Oberfläche ge¬ 
treten ist, wird es wieder ausgeschieden und wirft das Erdharz aus. 
Auch befindet sich in Kappadocien auf dem Wege von Mazaka nach 
Tuana ein beträchtlicher See, welcher die Eigenthümlichkeit hat, daß, 
wenn man etwas Schilf oder etwas von einer andern Pflanzenart 
in denselben taucht und am folgenden Tage wieder herausnimmt, der 
aus dem Wasser herausgezogene Theil versteinert gefunden wird, 
während der Theil, welcher über dem Wasser geblieben ist, seine ur¬ 
sprüngliche Beschaffenheit beibehält. 
10. In gleicher Weise sprudelt auch zu Hierapolis in Phrygien 
warmes Wasser in Menge, welches man in Gräben, die man rings 
um die Gärten und Weinberge gezogen, hineinleitet. Dieß aber 
setzt nach einem Jahre eine Steinkruste ab, und nachdem man zur 
Rechten und zur Linken von dem Graben einen Schutzrand von Erde 
aufgeworfen, leitet man so das Wasser Jahr für Jahr in denselben, 
bis aus diesen Krusten endlich eine Umfriedung für die Aecker gewor¬ 
den ist. Dieß dürfte aber so auf eine natürliche Weise geschehen, 
daß in diesen Gegenden und in jenem Boden, wo die Quelle entsteht, 
ein Saft enthalten ist, welcher eine dem gerinnenmachenden Lab ähn¬ 
liche Eigenschaft hat: wenn dann die gemischte Flüssigkeit durch die 
Quellenmündungen auf die Oberfläche heraustritt, wird sie durch die 
Wärme der Sonne und der Luft gezwungen, sich zu verdichten, wie 
man dieß auch in den Salinenteichen sieht. 
11. Ferner sind die durch bitteren Erdsaft kommenden Quellen 
intensiv bitter, wie in Pontus der Fluß Hypanis, welcher von seinem 
Ursprunge an etwa vierzig Meilen weit ganz süßschmeckend dahin¬ 
fließt, dann aber, wenn er an eine Stelle kommt, die von seiner 
Mündung noch ungefähr hundert und sechzig Meilen entfernt ist, ein 
gar kleines Quellchen in sich aufnimmt, welches, sobald es in den¬ 
selben gemündet, den ganzen großen Fluß bitter macht; jenes Wasser
	        
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