Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

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durch Zeichen auf diejenigen aufmerksam, welchen sie die Preise zuer¬ 
kennen sollten. Und so stimmten auch bei Abgabe des Gutachtens 
durch die Einzelnen sechs Richter dahin überein, daß sie demjenigen, 
bei dessen Gedicht sie die meisten Wohlgefallensäußerungen des Volkes 
bemerkt hatten, den ersten, dem in dieser Beziehung zunächststehenden 
den zweiten Preis zuerkannten. Aristophanes aber, zum Schieds¬ 
richterspruch aufgefordert, gab sein Gutachten dahin ab, daß derjenige 
als der erste ausgerufen werden sollte, welcher dem Volke am wenig¬ 
sten gefallen habe. 7. Als aber der König, wie die ganze Versamm¬ 
lung, sich darüber höchst ungehalten zeigte, erhob er sich und bat 
um's Wort. Nachdem daher Stillschweigen geboten und entstanden 
war, zeigte er, daß der von ihm Bezeichnete unter den Bewerbern 
allein ein Dichter sei, während die Uebrigen fremde Werke vorgetra¬ 
gen hätten, daß es aber sich darum handle, nicht Plagiate, sondern 
Originalwerke mit dem Preise zu krönen. Das Volk staunte über diese 
Behauptung, der König aber bezweifelte sie: da ließ Aristophanes 
aus gewissen Bücherschränken massenhafte, aus dem Gedächtnisse be¬ 
zeichnete Bücher hervorholen und zwang die Bewerber, indem er den 
Inhalt dieser Bücher mit den vorgelesenen Gedichten verglich, sich 
des Plagiats schuldig zu bekennen. Der König befahl daher, ihnen 
als Dieben den Prozeß zu machen und entließ die Ueberführten mit 
Schimpf und Schande; den Aristophanes aber überhäufte er mit 
den höchsten Gnaden und ernannte ihn zum Vorstand der Bibliothek. 
8. Einige Jahre darauf kam Zoilus, welcher den Beinamen 
Homeromastix (Homergeißel)!) angenommen, aus Macedonien nach 
Alexandria und las seine gegen die Ilias und Odyssee verfaßten 
Schriften dem Könige vor. Als aber Ptolemäos ersah, wie darin 
der Vater der Dichter und das Haupt aller Literatur abwesend herab¬ 
gewürdigt werde, und wie der, dessen Werke von allen Völkern ver¬ 
ehrt und bewundert würden, verunglimpft werde, gab er ihm voll 
Entrüstung keinen Bescheid. Nachdem nun Zoilus längere Zeit im 
Lande sich aufgehalten, stellte er sich endlich, von Mangel bedrängt, 
ehrfurchtsvoll dem Könige vor und bat ihn, ihm etwas zukommen zu 
1) Vielleicht Zeitgenosse des Plato. Seine neun Bücher gegen Homer 
werden von Suidas und Porphyrius erwähnt.
	        
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