Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

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sie aber doch schlanker erscheinen, so werden an diesen Säulen, wäh¬ 
rend die äußeren 20 oder 24 Canellirungen haben, 28 oder 32 an¬ 
gebracht werden müssen. So wird das, was an dem Körper des 
Schaftes abgezogen wird, durch die verstärkte Zahl der Canelluren 
wieder hinzugefügt, aus dem Grunde, daß jenes weniger sichtlich 
wird, und so wird die Säulendicke durch ein umgekehrtes Verhältniß 
wieder ausgeglichen. 
3. Dieses Ergebniß aber rührt davon her, daß das Auge eine 
mehrfache und dichtere Zeichnung berührt, indem es auf einer ver¬ 
mehrten Kreisoberfläche herumschweift. Denn wenn der Umfang von 
zwei gleichdicken Säulen, von welchen die eine uncanellirt, die andere 
canellirt ist, mit Schnüren gemessen wird, und die Schnur rings um die 
Höhlungen der Canelluren und um die Kanten der Stege den Säulen¬ 
körper berührt, so werden doch, wenn auch die Säulen gleich dick 
sind, die Schnüre, welche herumgeführt worden sind, nicht gleich lang 
sein, weil der Umweg um die Canelluren und Stege die Länge der 
Schnur größer macht. Wenn aber dies so scheinen wird, so ist es nicht 
ungeeignet, an engen Orten und in geschlossenem Raume entsprechend 
schlankere Säulenverhältnisse bei einem Bauwerke festzustellen, wenn 
wir eine nachhelfende Ausgleichung durch die Canelluren haben. 
Die Dicke der Cellawände selbst aber muß im angemessenen 
Verhältniß zur Größe des Tempels gemacht werden, während die 
ihrer Eckwandpfeiler der Säulendicke gleich sein sollen. Und wenn 
sie aus Bruchsteinen gebaut werden sollen, so möge man sie aus 
möglichst kleinen aufführen; wenn aber aus Stein- oder Marmor¬ 
Quadern, so scheinen sie vorzugsweise aus mäßig und gleich großen 
errichtet werden zu müssen, weil die mit ihrer Mitte auf den Fugen 
liegenden und dieselben bindenden Steine den ganzen Bau mehr be¬ 
festigen werden; ferner werden die rings um die Fugen und Lagen 
vortretenden Erhöhungen*) der Steine den Anblick durch ein maleri¬ 
sches Linienspiel verschönern. 
1) Der Mauerbau aus Quadern mit abgeschrägten Ecken (Rustika), in 
römischer Kaiserzeit sehr beliebt, an griechischen Musterwerken nicht vor¬ 
emmend
	        
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