Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

105 
Säulen und Pilaster und vorspringenden Pfeiler (Anten) gelegt, im 
Deckenwerk kommen dann Deckbalken (b) und Dielen (c), unter dem 
Dache, wenn der Raum größer ist der Giebelständer (d) da, wo die 
Spitze des Giebels ist [woher auch die Säulen ihren Namen ha¬ 
ben *), die Querriegel (e) und die Strebebalken (f) 2), wenn aber 
der Raum mäßig ist, nur den Giebelständer und bis an den äußeren 
Rand der Dachtraufe vorragende Sparren (g); über den Sparren 
kommen die Dachpfetten (h), dann darüber unter den Dachplatten die 
Latten (1), so vorragend, daß die Wände durch ihren Vorsprung ge 
schützt werden (Fig. 14). 
2. So behauptet Jegliches seinen bestimmten Platz, seine Gat¬ 
tung und seine Reihenfolge; von diesen Dingen aber und von dem 
Balkenwerk der Zimmerleute haben die Künstler beim Bau von 
Tempeln in Stein und Marmor die Formen in ihrer Steinmetzarbeit 
nachgeahmt und jene Erfindungen verfolgen zu müssen geglaubt. 
Weil daher die Zimmerleute der Alten, wenn sie, an irgend einem 
Orte ein Gebäude aufführend, so von den inneren Wänden zu den 
äußeren Theilen vorragende Balken gelegt hatten, zwischen den Bal¬ 
ken Mauerwerk anbrachten und darüber Gesimse und Giebel zur Ver¬ 
schönerung des Anblicks mit Zimmerwerk schmückten, dann die Vor¬ 
sprünge der Balken, so weit sie hervorragten, senkrecht an der Mauer 
absägten, und als der dadurch entstandene Anblick ihnen unschön er¬ 
schien, Brettchen von der Gestaltung, wie jetzt der Dreischlitz (Tri¬ 
glyphe) gemacht wird, auf den Balkenschnitten an der Stirnseite be¬ 
1), Lorentzen vermuthet in diesen Worten mit Recht eine ungehörige Glosse: 
doch auch das vorausgehende columen in summo fastigio culminis zu derselben 
zu ziehen, wie er gethan, scheint, abgesehen von der bedenklichen Ausdehnung 
der Emendation, schon deshalb unstatthaft, weil gerade das Wort columen die 
spätere Hand zu der etymologischen Glosse über columen und columna ver¬ 
anlaßte. 
2) Die capreoli werden gewöhnlich als in das untere Ende des Giebel¬ 
ständers eingezapft und zu den Enden der Querriegel auseinandergespreizt re¬ 
construirt. Im Namen scheint allerdings eine solche Form zu liegen, aber 
gerade in die freischwebende Mitte des Unterbalkens die größte Last zu setzen, 
erscheint so unzweckmäßig, daß ich es vorzog, diese capreoli seitwärts, und 
zwar, wenn wir uns eine hexastyle Fronte denken, über die zweite und fünfte 
Säule zu setzen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer