M. VITRUVIUS P. BAUKUNST.
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mit der herrlichsten Aussicht auf das ausgebreitetste Meer, die ausgedehn¬
teste Küste und die reitzendsten Landhäuser.
Es ist noch ein anderer Thurm da. Hierin ist ein Zimmer
- cubiculum, — in welchem die Sonne auf- und untergeht: hernach
eine grofse Vorrathskammer — lata apotheca — nebst Speicher
horreum:— und darunter ein Speisesal — triclinium, — der blols
das Brausen und Getöse des ungestümen Meeres hört, wiewohl auch
diess nur schwach und ersterbend; aber in den Garten und in die
Allee — gestatio — sieht, welche den Garten einschlielst.
buxus — oder,
Diese Allee — gestatio — ist mit Buchsbaum
wo dieser fehlt, mit Rosmarin — rosmarinus — besetzt; denn, wo der
Buchsbaum von Gebäuden geschützt wird, da kommt er gut fort; wo
er aber dem Winde und Wetter und, wenn auch nur von fern, der
Meeresfeuchtigkeit ausgesetzt ist, da geht er aus.
Zunächst der Allee liegt im innern Bezirke ein junger schattiger
Rebengang — vineg, — in welchem man auch mit blossen Fülsen
weich und gemächlich gehen kann.
Der Garten steht voller Maulbeer- und Feigenbäume, woran der
Boden eben so fruchtbar, als unfruchtbar an anderen Bäumen ist. Des
Anblicks desselben, der dem des Meeres im geringsten nicht nachgiebt
geniefst ein vom Meere entlegener Speisesal — coenatio remota
a mari.— Dieser wird von hinten zu von zwey Folgen von Zimmern
diaetae — 'eingefasst, vor deren Fenstern des Landhauses Vorplatz
restibulum, 5) und der Küchengarten — hortus pinguis et rusticus
liegen.
Von hier erstreckt sich eine gewölbte verschlossene Gale¬
rie — cryptoporticus, — die fast das Ansehen eines öffentlichen Gebäudes
hat. Auf beyden Seiten derselben sind Fenster; nach dem Meere hin
die meisten, nach dem Garten einzelne, und wechselsweise wenigere. Ist
das Wetter heiter und still, so stehen sie alle insgesammt offen; ists aber
hier oder dort windig, ohne Beschwerde nur die auf der Seite, wo kein
Wind weht.
f) Ganz oben, im obersten Stocke ist das Zimmer, worin die Sonne auf- und
untergeht: Im mittleren Stocke die Vorrathskammer nebst Speicher: und im
untersten der Speisesal.
g) Siehe im vorhergehenden Buche K.g. S.28 Anm.