ACHTES BUCH. IL. KAPITEL.
145
Dafs Dünste, Nebel und Feuchtigkeit aus der Erde entstehen,
scheint daher zu rühren, weil diese sowohl grofse Hitze und heftige
Winde, als auch starke Kälte — refrigerationes— und eine grofse
Menge Wassers in sich hält. Wenn es Nachts nun kalt wird, so
erhebt sich der Wind in der Finsterniss, und von feuchten Orten stei-
gen Gewölke empor, bis die Strahlen der aufgehenden Sonne den Erd-
kreis treffen, und die von ihnen erwärmte Luft von der Erde die
Feuchtigkeit sammt dem Thau in die Höhe zieht. Dieses lässt sich
durch ein Beyspiel aus den Bädern erläutern. Es giebt bekannter¬
malsen über dem Gewölbe der warmen Badezimmer —caldarium
keine Quellen; sondern die darin befindliche Luftcoelum zieht,
sobald sie vom Feuer im Ofen erhitzt wird, die wässerigen Dünste
vom Fussboden an; erhebt sie, da die Hitze beständig in die Höhe
steigt, mit sich bis zur gewölbten Decke, und hält sie da, weil sie
leicht sind, *) ohne sie wieder hernieder sinken zu lassen, so lange
empor, bis sie eine so grofse Menge gesammelt hat, dass sie sie ihrer
Schwere wegen nicht mehr zu halten vermag, sondern sie auf die
Köpfe der Badenden herabtropfen lassen muss.
Ganz auf gleiche Weise nun zieht auch die äufsere Luft —coe¬
lestis aer,— sobald sie durch die Sonne erwärmt worden ist, allent¬
halben die Feuchtigkeit an sich und gesellt sie den Woiken zu; denn
es dünstet die Erde, wenn sie erhitzt ist, nicht anders als der mensch¬
liche Körper bey grosser Hitze aus. Zum Beweise hievon dienen
die Winde. Diejenigen, welche aus sehr kalten Gegenden kommen,
wie der Nordwind und Nordostwind, sind im höchsten Grade trocken.
Der Südwind aber und andere, welche von der Sonnenbahn herwe-
e) Anstatt propter brevitatem lese ich propter levitatem. Der Grund fallt von
selbst in die Augen.
VITR. II. B.
19