Full text: Zweyter Band (2)

M. VITRUVIUS P. BAUKUNST. 
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ZEHNTES KAPITEL. 
Künstliche Farben —factitii colores.— Schwarz — atramentum.— 
Ich gehe itzt zu den Farben über, welche durch besondere Behand¬ 
lung und Anmachung anderer Stoffe entstehen. 
Zuerst will ich vom Schwarz handeln, dessen Gebrauch in 
der Mahlerey unentbehrlich ist; und will die sicheren Methoden ange¬ 
ben, nach welchen es die gehörige Güte erhält. 
Man erbauet einen Ort, gleich einem Laconicum, ") und 
bekleidet ihn mit feinem, wohlgeschliffenem Marmorstuck. Davor 
stellt man einen kleinen Ofen —fornacula,— dessen Röhre — nares- 
in das Laconicum geht; dessen Loch — praefurnium— aber sehr sorg- 
fältig verschlossen wird, damit die Flamme nicht herausschlägt. In 
diesen Ofen legt man Harz —resina.— Indem des Feuers Gewalt 
dieses verzehrt, so treibt sie den Rauch durch die Röhre in das 
Laconicum, wo dieser sich an die Wände und die gewölbte Decke als 
Rufs anlegt, welchen man einsammelt, und welcher, theils mit Gum¬ 
mibrey — gummi subactum — versetzt, zu Schreibetinte — atramentum 
librarium— dient, theils mit Leime angemacht, von den Stuckarbei¬ 
tern zum Anstriche der Mauern gebraucht wird. 
Inzwischen, falls erwähnte Materialien nicht bey der Hand seyn 
sollten, so kann man sich folgendermassen aus der Noth helfen, um 
nicht durch Warten die Arbeit aufzuhalten: Man zünde Reisholz 
oder Kühnspäne an; sobald sie zu Kohle gebrannt, lösche man diese 
m) Siehe oben B. V. K. 10.
	        
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