ZWEYTES BUCH. VIII KAPITEL.
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Zusammenhaltung der Futtermauern die dauerhafteste Festigkeit des
ganzen Werks hervorbringen.
Ein jeder, welcher die eben gemachten Anmerkungen — com¬
mentarius — nicht aufser Acht lassen will, kann bey jeder dieser
Arten des Mauerwerks, welche er auch wählen mag, auf ewige Dauer
rechnen.
Das Mauerwerk hingegen, so aus einem weichen, glatt gearbei¬
teten Steine verfertiget ist, hat zwar ein schönes Ansehen, ist aber
keinesweges dauerhaft; wenn daher dergleichen gemeinschaftliche
Wande — parietès communes ") — durch Schiedsrichter besichtiget
werden, so werden sie nicht so hoch taxirt, als sie zu erbauen ge¬
kostet haben; sondern, nachdem man aus dem Baukontrakte die Er¬
richtung derselben erörtert hat, so zieht man von den Baukosten für
jedes verflossene Jahr ein Achtzigtheil ab, und bestimmt ihren Werth
nach dem Reste, indem als entschieden angenommen wird, dass eine
solche Mauer nicht länger als achtzig Jahre stehen könne.
Von den Mauern aber aus Ziegeln, dafern sie vollkommen senk-
recht stehen, wird nichts abgezogen; sondern sie werden zu jeder
Zeit eben so viel werth gehalten, als sie zu erbauen gekostet haben.
Dieserhalb sieht man auch in einigen Städten sowohl öffentliche, als
privat, ja auch königliche Gebäude, welche aus Ziegeln erbauet sind.
z. B. zu Athen die Stadtmauer nach dem Hymettus und dem
Pentele zu; auch die Mauern und Zellen des Tempels des Jupi¬
ters und Herkules, ungeachtet rings umher im Tempel das Ge-
balk — epistylia — und Saulen von anderen Steinen sind: In Ita¬
lien, die alte herrliche Stadtmauer, zu Aretium: Zu Tralles.
den Pallast der Attalischen Könige, so gegenwärtig allezeit dem zur
*) Siche oben Buch I. Kap.1. und unten B. VI. K. g.
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