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sonst das innere Pteroma? Aus demselben Grunde aber können wir auch schliefsen.
dass an den Pseudodipteren das Pteroma keine steinerne Decke hatte.
In den Ruinen von Pästum steht ein Tempel, der in den Giebelfrenten neun
Säulen hat, und folglich eine im Mittel. Um zwey-Weiten einwärts sind die Spuren
der Zellenmauern, und die Zelle ist demnach noch einmal so breit wie einer der
Säulengänge. Diese Breite ist wieder in gleiche Hälften getheilt durch eine Reihe
Säulen, welche höher und stärker sind als die des Pteroma, und schnurgerecht mit
den Mittelsäulen der Fronten stehn. Erwähnte Säulenreihe gieng dem Anschein nach
nicht durch die ganze Länge des Gebäudes, sondern liefs vorne und hinten einen
freyen Plaz. Dies war nach aller Wahrscheinlichkeit ein Pseudodipteros, an welchem
man die Breite der Zelle zu gross für die Tragbarkeit der Balken erachtet hatte
daher man sie denn im Mittel durch einen Träger und Säulen gestützt hatte: so
dals also die Spannung der Balken in vier gleiche Theile getheilt war. Vielleicht
2 auch, dass die trabes everganege nicht aus einem Stücke waren, und also deshalb die
Unterstützung im Mittel nöthig befunden worden, wie solches leichtlich der Fall
werden konnte, sobald man zur Dachverbindung fremde und seltene Holzarten be¬
stimmte. Von den beyden leeren Plätzen war der eine zur Aufstellung der Statue
bestimmt, und der andre diente zum Pronaos, wo geopfert wurde, und war durch
keine Mauer von der Zelle getrennt. Hieraus erklärt sich die mittlere Säule in den
Fronten, indem der Balkenträger fortlaufend bis auf die Giebel reichte, wo dessen
Kopfenden durch jene Säulen gestützt wurden. Einen vollkommenen Dipteros aber
glaube ich in den Überbleibseln des Ogdostylos zu Selinurt zu erblicken, welchen
Houel, meines Bedünkens fälschlich, für einen Hypäthros ausgiebt.
Aus meiner bisherigen Entwickelung scheint mir deutlich genug hervorzugehn.
welchermalsen unter den vier Hauptverschiedenheiten der Tempelgattungen die vor¬
hergeliende immer in der folgenden enthalten ist: der Tempel in antis in dem Pro¬
stylos und Amphiprostylos, jener wieder im Peripteros, dieser im Dipteros und Pseu-
dodipteros. Aus diesem Grunde bestimmt Vitruv die näheren Verhältnisse des eigent
lichen templum in antis nur zu allerlezt, ob er ihn gleich in der Reihe zuerst be¬
schreiben musste: weil er in allen folgenden Gattungen zum Grunde liegt, folglich
aber auch seine Dimensionen ihnen sämmtlich gemein sind. Und daher ruhrt es
ebenfalls, dafs er in ihren Fronten die Zahl der Säulen so gleichmässig immer um
zwey steigen last: so dass die erstere Gattung zwey, die andre vier, die dritte sechs
und die vierte acht erhält. An diese Progrefsion der Säulenzahl schliefst er nun die
flypathren an, deren es, in Rücksicht auf das Pteroma, in seinem System zwey
Gattungen giebt: nämlich solche, deren Pteroma einfach ist, und solche, die ein dop¬
peltes Pteroma haben.