Full text: Genelli, Hans Christian: Exegetische Briefe über des Marcus Vitruvius Pollio Baukunst an August Rode

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ihren annimint: denn nach seiner Bestimmung mussten diese des inneren Peristyls 
wegen in der Breite zwey Säulenweiten mehr bekommen als die bedeckten Tempel. 
welches er auf dieser Stelle zu bemerken sicher nicht ermangelt haben würde. 
Die dritte Verschiedenheit entsprang, wenn man den Tempel ringsum mit Säu- 
len umgab, und davon bekamen sie den Nahmen — Peripteros — gleichsam „mit 
Flügeln umgeben.“ Diese Flügel bildeten um den Tempel herum entweder nur einen 
Gang: dann behielt der Tempel den blossen Namen — Peripteros; — oder die Flü- 
gel waren gedoppelt: dann hiefs er — Dipteros — oder endlich machten sie nur 
einen Gang um den Tempel, welcher aber von gedoppelter Weite war: und ein sol¬ 
cher Tempel hiels dann — Pseudodipteros. Unter diesen letzten drey Gattungen nun, 
oder richtiger, nur unter den ersten beyden derselben, begreift er auch seine Hypä¬ 
thren und merket an, dass sie jedesmal in der Fronte um zwey Säulenweiten brei¬ 
ter werden müssen, als die bedeckten Periptere, weil sie inwendig in der Zelle noch 
ein Peristyl haben. Nachdem er solchergestallt die verschiedenen Gattungen im All¬ 
gemeinen benannt hat, geht er über zu der näher Beschreibung einer jeden dersel- 
ben und klassifiziret sie dabey wieder auf eine andre Weise nach der Zahl der Säu¬ 
len, die sie in ihrer Fronte haben, wodurch denn sein Vortrag noch mehr Bestimmt¬ 
heit gewinnet. 
Ein — Templum in antis — hat zwey Säulen, welche zwischen den Eckwand¬ 
pfefern, welche vorn die Anten endigen und — parastatae — hiesen; gestellt sind, 
um den Giebel zu unterstützen und dennoch das Pronaos vorn offen zu lassen. Die 
se Gattung hat demnach, wie schon gesagt worden, weiter nichts als die beyden un 
umgänglichen Theile: Naos und Pronaos. Die Verhaltnisse, die diese beyden Theile 
in ihrem Plane zu einander haben sollen, bestimmt Vitruy nach der äussern Breite: 
unter der Breite aber versteht er durchgängig die Zahl der Weiten und der Säulen 
zusammengenommen — also hier von der äussern Ecke des einen Wandpfeilers bis 
zur äussern Ecke des andern.*) Letztre aber scheint er immer, so oft er jene Brei. 
te milst, eine volle Säulendicke stark anzunehmen, ob er gleich in der Ausführung 
sie nicht ganz so stark gemacht haben möchte. Denn auf diese Weise würden sie 
um die Hälfte der Verjüngung des Säulenschaftes vor der Lothlinie der Architrare 
vorgesprungen seyn, welches einen Misstand verursacht hätte; und wenn er auch 
sagt: „die Parastaten sollen die Stärke der Säulen haben“ — so meyne ich dennoch 
dals man dieses so genau nicht nehmen dürfe. Die Neueren haben es bequemer 
gefunden, ihnen die obere Stärke der Säulen zu geben, welches wieder durch die zu 
*) B.V. K. 3.
	        
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