84
angulis semimetopia sint impressa dimidiæ moduli latitudine — auf den
äussersten Ecken seyen Halbmetopen von eines halben Moduls Breite einge¬
drückt: eingeklemmt: eingebogen. — Das zweitemal beim Systylos drückt
er sich also aus: — In angularibus (collocandum est) hoc amplius dimidiatum
quantum est spatium hemitriglyphi. — An beiden Enden aber (soll noch zuge
setzt werden) so viel mehr, als die Hälfte von der halben Breite des Triglyphs be¬
trägt. Diese alte und klare Leseart finden Sie nun für gut, Ihrer Idee zu lieb mit
dem Philandro abzuändern so, dass es danach hiefse: nicht mehr als was die
Breite eines halben Triglyphs beträgt: welchen halben Modul Sie denn, wie gesagt
unten an der Architrave von der Axe der Ecksäule heraus messen. Allein auch so
umgeändert berechtiget die Phrase sie noch keineswegs dazu: denn es wird eine
halbe Metope genannt: die soll am Fries, und zwar noch aufserhalb des letzten
Triglyphs zugesetzt, und kann also gar nicht von der Säulenaxe aus abgestochen
werden. Aber am äufsern Rand des letzten Triglyphs angesetzt, würde die Breite
eines halben Moduls die Architrave weit überflügeln; und an dem Vorsprung
des Triglyphs vor der Metopenfläche ist vollends nicht dabei zu gedenken, der
doch eben durch diese Stelle ausgemittelt werden sollte.
Auf dem Eck, welches die beiden Architraven bilden, die ihre Köpfe auf der
Ecksäule zusammenstolsen, treffen zwei Triglyphen zusammen, die für sich einen
tiefen Winkel bilden und das Eck des Kranzes ohne Unterstützung lassen wür¬
den. Dieser Winkel nun soll ausgefüllt werden, und zwar von beiden Seiten in
gleicher Flucht mit den übrigen Metopen: so dass auch der Fries hier ein vol¬
les Eck bilde. Darum wird das, womit gefüllt werden soll, eben auch Metope
genannt: da aber Vitruv hier nur von einem Risse und blolsen äulserlichen An¬
schein zu reden hat; so stellt er auch das Füllungsmittel als eine blosse geometri¬
sche Fläche und nicht als einen soliden Block dar. Jedoch zur grösseren Deut¬
lichkeit betrachtet er seinen Rils auf zwei verschiedene Weisen. Das erstemal
nimmt er ihn perspectivisch, überecks anzuschauen, — und darum sagt er
hier — in angulis — und fasst demzufolge die bezweckte Operation von beiden
Seiten zusammen als Eine, und sagt dann: du sollst ein Stück Metopenfläche zu
eines halben Moduls Breite nehmen und in den leeren Winkel als füllendes Eck
einbiegen. Ein Eck aber hat zwei Seiten, und auf jeder fällt also die Hällte der
angegebenen Breite. Das zweitemal nimmt er den blossen geometrischen Aufrils
der Fronte vor sich, wo nur die eine Seitenfläche des Eckes zu sehn ist — und
darum sagt er hier — in angularibus. — Dieses angulare aber beträgt nur die
Hällte des gemachten Ecks, und kann mithin nicht mehr als die Hällte von einem
halben Triglyph: d. h. einen viertel Modul in der Breite zeigen.