Full text: Genelli, Hans Christian: Exegetische Briefe über des Marcus Vitruvius Pollio Baukunst an August Rode

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stellt, dass sie, von ihrer Fronte betrachtet, zu beiden Seiten gleiche, jedoch nur 
die halbe, Verjüngung bekommen, vorn hingegen drei Viertel, und inwendig gegen 
die Mauer nur ein Viertel behalten? Auf solche Weise würde der ganze Tempel 
allerdings die lichte Würde der pyramidalen Form gewinnen, welche Vitruv zu 
beabsichtigen scheint. Wollte man hingegen blos die Ecksäulen nach dieser 
Norm aufrichten; so würde solches mit dem Lager der Architraven streiten, da 
sodann das Eck derselben übertreten, der innere Winkel hingegen die Säule nicht 
vollkommen decken würde. 
Zwei Gründe bewegen mich diese Muthmassung aufzustellen, welcher übrigens 
der Text auf keine Weise widerstrebt. Der eine liegt in der Art, wie eine solche 
schräge Stellung des Schafts bewerkstelligt werden möchte. Man mulste nehmlich 
aus dem Centrum des obern Umkreises eine Axe parallel mit der Chorde der En¬ 
tasis herunter senken, dieser die Höhe des Schafts geben und dann winkelrecht 
mit ihr den Schaft unten abschneiden: wodurch er aus den meisten Gesichtspunk¬ 
ten etwas dicker ins Auge fallen musste, als er nach seiner Zirkelperipherie gethan 
haben würde. Nun giebt aber Vitruv ausdrücklich an, um wieviel die Ecksäulen 
stärker gehalten werden sollen; welches er nicht nöthig gehabt hätte, sobald sie 
von selbst dicker als die andern ausfallen mussten. Wurden hingegen alle Säulen¬ 
schafte auf gleiche Weise gestellt, so mussten sie überall auch ziemlich gleicher 
Dicke erscheinen. Der zweite Grund aber ist, dals die ungleiche Stellung der 
Säulen gegen die Zellenmauer im innern Pteroma ungefällig ausfallen mulste. 
Uebrigens meine ich, dass er bei dieser Vorschrift einen sehr grossen Maass¬ 
stab im Sinne gehabt hat, und dass er sie nur eingedenk seines beliebten Bei¬ 
spiels eines hohen Thurms, welcher vorüberhängend scheinen soll, gegeben habe. 
Denn je stärker die Verjüngung, desto merklicher elliptisch mulste der Durch¬ 
schnitt des Schafts, und mithin immer auffallender gegen den nothwendig zirkel¬ 
runden Plan der Base werden. 
Für die Jonische Ordnung giebt Vitruv zweierlei Basen an. Die eine nefint 
er die eigentlich Jonische, da man sie doch selten genug in den Monumenten 
dieser Ordnung antrifft. Sie scheint der Plinthe nicht entbehren zu können; und 
diese Plinthe findet man durchgängig quadrat, wie auch unser Autor sie angiebt. 
Er giebt derselben in jeder Seite eine Säulendicke und drei Achtel zur Breite; die 
ganze Base aber macht er eine halbe Säulendicke hoch. Nach Abzug der Plinthe 
bleibt ihr ein Drittel der Säulendicke. Sie hat zu oberst einen starken Pfühl, und 
dann zwei Einziehungen, welche Griechisch (gleichsam die fahre oder
	        
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