Full text: Lfg. 1: Bogen 1 - 15 und Tafel 1 - 14 (1)

Uebrigens lassen sich die einzelnen Zellen leicht von einander isoliren. Im isolirten Zustande erscheinen sie 
sehr durchsichtig und blass ohne Kern im Innern oder in der Wand, und ohne feinkörnigen Inhalt. Eine Wand der 
Zelle lässt sich nicht deutlich erkennen, und in so fern scheint es zweifelhaft, ob diese Theilchen solid oder hohl sind. 
Aber an den isolirten Talgzellen des Schafs erkennt man die Wand auch nicht, die gleichwohl sicher vorhanden ist. 
Was die Substanz der Zellen betrifft, so besteht ihre Grundlage aus einem thierischen nicht fettigen Stoff. 
Denn wenn man Stücke von Cholesteatom mit kochendem Alcohol oder kochendem Aether behandelt, so wird die 
ganze Masse nicht aufgelöst, vielmehr ist der grössere Antheil unlöslich, ist noch geschichtet und noch, wenngleich 
weniger deutlich, zellig. Auch beim Erhitzen auf einem Glasblättchen lässt sich dies erkennen, zuletzt bräunt sich 
die Substanz wie andere so behandelte thierische Substanzen. Wahrscheinlich enthalten die Zellen nur einen Antheil 
des Fettes, welches man aus der Masse ausziehen kann. 
Die zwischen den Schichten der Zellen liegenden Crystalle sind zweierlei Art, tafelartige und blättchenartige 
Beide erkennt man leicht mittelst des Mikroskops. Die tafelartigen sind die häufigsten, liegen in den mannigfaltigsten 
Richtungen durcheinander, und sind hie und da zerbrochen. Die Länge der Tafeln im Verhältniss zur Breite ist sehr 
ungleich, oft sind es kurze breite rectanguläre Tafeln, öfter aber sieht man bandartige, lange, schmale Formen, welche 
den Durchmesser der Zellen vielmal übertreffen und leicht brechen. Rhombische Tafeln glaubt man zuweilen zu er 
kennen; aber es ist schwer zu sagen, ob sie es wirklich sind, da rectanguläre Tafeln, welche nicht horizontal son 
dern schief liegen, auch rhombisch aussehen. Diese Tafeln werden weder von Säuren, noch von Alcalien angegriffen; 
wahrscheinlich sind sie reines Gallenfett. Nach Pleischl sollen die Crystallformen des Gallenfetts dem zwei und zwei 
gliedrigen System angehören. Reines Cholestearine, das ich mikroskopisch untersuchte, bestand grösstentheils aus 
rhombischen Täfelchen. 
Der zweite crystallinische fette Körper, den ich sah, ist sparsamer verbreitet, und bildet hie und da Häufchen 
von Blättchen, die, wenn sie auf dem Rande angesehen werden, für Nadeln von Stearine imponiren können. Dass es 
an beiden Enden zugespitzte Blättchen sind, sieht man deutlicher nach der Extraction durch kochenden Alcohol oder 
Aether, aus welchen sie sich beim Erkalten absetzen. 
c. Chemisches Verhalten. 
Das chemische Verhalten des Cholesteatoms ist von Barruel *) untersucht. Die pulverisirte Materie wurde 
mit dem acht- oder zehnfachen ihres Gewichts kochenden Alcohols behandelt, worauf man filtrirte. Das nicht von Al 
cohol gelöste, absorbirte eine gewisse Quantität Wasser, schwoll davon auf und wurde opalinisch. Diese Materie 
hatte alle Eigenschaften des Eiweisses. 
Die Weingeistlösung wurde bis zur Trockne durch einen Strom warmer Luft eingedampft. Das geringe Resi 
duum war weiss, von der Consistenz eines Fettes, und liess kleine glänzende Blätter erkennen. Diese Materie wurde 
zwischen Fliesspapier ausgedrückt, welches davon fettig wurde. Das Papier wurde mit kochendem Alcohol behandelt, 
der beim Abdampfen eine Spur flüssiger fetter Materie zurückliess. Der feste Theil des Fettes löste sich in kochen 
dem absolutem Alcohol vollständig. Bei der freiwilligen Verdunstung in einem Uhrglas blieben kleine perlmutterglän 
zende Crystalle, ausserdem eine blumenkohlartig aussehende geronnene weisse Materie. Die perlmutterglänzende Ma 
terie hatte alle Eigenschaften des Gallenfetts. Das geronnene Fett näherte sich der Stearine. 
Ich zog Stücke von Cholesteatom ebenfalls und zwar theils mit kochendem Alcohol, theils mit kochendem 
Aether aus. Die Extracte von Aether und Alcohol zeigen nach dem Verdampfen dieselben Reste. Oel blieb nicht 
zurück, aber ein feinkörniges Fett, wahrscheinlich Talgfett. Ausserdem schossen an diesen körnigen Massen mikros 
kopische sehr artige längliche Blättchen von ungleicher Grösse an, fast wie folia lanceolata von Pflanzen. Taf. III 
Fig. 10. Ihre Ränder sind nämlich convex, und ihre spitzen Enden entstehen durch die Vereinigung dieser convexer 
Ränder. Mir ist keine Crystallform der Fette von dieser Art bekannt. Die Blättchen sind meist etwas gekrümmt 
Die tafelartigen Crystalle konnten weder aus dem Aether-, noch aus dem Weingeistextract erhalten werden. Wahr 
scheinlich enthalten die Zellen eine talgartige Materie, doch ist ein Theil derselben schon durch das Aufbewahren der 
Präparate in Weingeist ausgezogen. Denn der Weingeist, worin das Präparat von dem Schädel enthalten war, und 
worin sich kein Hirnfett aufgelöst haben konnte, da kein Hirn darin aufbewahrt war, lässt beim Verdampfen eine ge 
ronnene talgartige Materie zurück. 
d. Vorkommen und Formen des Cholesteatoms. 
Das Cholesteatom scheint in allen Theilen des Körpers vorkommen zu können. Es wurde zweimal im Inneru 
der Knochen gesehen, einmal von mir in den Schädelknochen, und wahrscheinlich einmal im Unterkiefer von Dupuytren. 
Der letztere sah es auch um cariöse Wirbel. Im Gehirn wurde es einmal von Leprestre, zweimal von Cruveilhier und 
zweimal von mir beobachtet. Es liegt hier entweder an der Oberfläche des Gehirns, wie in den Fällen von Cruveilhier 
und einem Fall von mir, oder in der Substanz des Gehirns, wie in dem von Leprestre gesehenen Fall. Merriman 
*) Cruveilhier a. a. O.
	        
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