Bei starken Vergrösserungen erkennt man die granulirte Beschaffenheit der Körner, die natürlich bei durchschei
nendem Lichte dunkel erscheinen. Tab. I. Fig. 12. Endlich gelingt es auch die Körner unter dem Compositum zu
isoliren und sich von ihrer Agglomeration aus kleinen undurchsichtigen oder wenig durchscheinenden Körnchen zu
überzeugen. Die weissen Körner werden nicht von Essigsäure auch nicht von Alcohol durchsichtig.
Die weissen Körperchen der reticulirten Figuren häufen sich im Fortschritt der Entwickelung mehr und mehr
an und bilden einen Haupttheil des sich zersetzenden Gewebes; zuweilen ganze Stöcke, die von der übrigen Masse
eingeschlossen sind, oder das Innere entstandener Höhlungen auskleiden, von wo sie sich wie ein Rahm abnehmen
lassen. Die Körperchen gehen daher in die Erweichung und Eiterbildung der aufgebrochenen Oberfläche ein
Zuweilen bilden sich beim Carcinoma reticulare der weiblichen Brust Höhlen im Innern der Geschwulst. Ein
mal beobachtete ich eine grosse Höhle, deren Wände ganz von weissen Körperchen besetzt waren. Diese Massen
setzten sich in die reticulirten Figuren fort, und konnten in zusammenhängenden weichen Stöcken zur chemischen Unter
suchung abgelöst werden. Die Materie ist ein dem geronnenen Eiweiss ähnlicher Stoff. Siehe das Nähere unten
bei der chemischen Untersuchung.
Bei fortschreitender Entwickelung confluiren leicht die reticulirten Figuren zu unregelmässigen weissen Flecken.
Dann hat das Ansehen einige Aehnlichkeit mit der ersten Erscheinung weisser Tuberkelmasse in grauer Grundmasse.
In einem Fall zeigten sich an mehreren Stellen eines Carcinoma reticulare mammae sehr viele hirsekorn
bis erbsengrosse Höhlen, welche mit einer bald käseartigdicken, bald eiterartigen gelben Materie, gefüllt waren und
deutlich isolirte Wände hatten. Diese Zellen hingen deutlich hie und da zusammen, so dass die Masse wurmförmig
hervordrang, wenn man quetschte. Die aufgeschuittenen grösseren Gänge zeigten Aeste.. Auch die kleinsten Eiter
höhlen von 4 Linie Durchmesser waren noch mit einer eigenen wirklichen Haut ausgekleidet und diese Haut enthielt
Blutgefasse. Man muss die Materie in den Zellen wohl von den weissen Kugeln unterscheiden, die in den reticulir
ten Figuren zerstreut sind, obgleich man auf den Gedanken kommen konnte, dass beides gleichen Ursprung habe. Hier
und da bildeten nämlich die weissen reticulirten Figuren grosse Massen, welche gar nichts zelliges hatten, und wo
die weisse Masse durchaus nur fest eingelagert war. An einer Stelle fand sich in demselben Carcinom ein hasel
nussgrosses Carcinoma alveolare mit gallertiger Anfüillung der Zellen. Carcinoma alveolare sah ich öfter auch mit
Carcinoma simplex mammae stellenweise complicirt.
Dass die netzförmigen Figuren des Carcinoma mammae reticulare nicht im Zusammenhange mit der Structur der
Milchdrüse stehen, braucht nicht bemerkt zu werden, da dieselbe Structur des Carcinoms in vielen andern Organen von
mir gesehen ist.
Das Carcinoma reticulare entwickelt sich bald langsam, bald rasch. Es kehrt in der grossen Mehrzahl der
Fälle nach der Exstirpation wieder. Doch hat mir Pockels mitgetheilt, dass er ein einzigesmal unter vielen Fällen
dieser Form ein sicher dahin gehörendes Carcinom mit glücklichem Erfolge exstirpirt, habe. Als merkwürdige Fälle von
längerem Ausbleiben der Geschwulst nach der Exstirpation erwähne ich noch zwei Falle. In dem einen ist vor zwei
Jahren ein gemischtes Carcinoma reticulare et melanodes bulbi oculi et orbitae bei einem erwachsenen Mädchen von
Herrn Jungken exstirpirt worden, und obgleich die Degeneration Muskeln, Nerven, Augenhaute in eine unkenntliche Masse
zerstört hatte, so ist doch die Geschwulst bis jetzt ausgeblieben. Der zweite Fall betrifft ein von Herrn v. Gräfe
exstirpirtes Carcinoma mammae einer Frau, bei der vor 5 Jahren dieselbe Geschwulst an der anderen Brust exstirpirt
worden war. Hier war das Uebel an der Exstirpationsstelle zwar nicht, aber in der zweiten Brust ziemlich spât wie
dergekehrt. Die Zahl der von mir untersuchten Falle von Carcinoma reticulare mit todlichem Ausgang ist ansehnlich.
so.
Korudl 390
III. Vom Carcinoma alveolare.
Diese Form des Carcinoms wurde in Deutschland von Otto als besondere Art des Scirhus des Magens, in
Frankreich von Laennec und Cruveilhier als Cancer gelatiniforme und areolaire beschrieben.
Die Beschreibung, welche Otto gegeben, entspricht der sich immer gleichbleibenden Form dieser Degeneration
vollkommen, so dass sie ein gutes Bild von den allgemeinen anatomischen Characteren des Uebels giebt.
Der Scirrhus nahm mehr als zwei Drittel des ganzen Magens ein und erstreckte sich vom Pfortner an an der
vordern und hintern Wand des Magens über 7 Zoll weit. An der kranken Stelle waren die Wände des Magens
so verdickt, dass sie ganz steif stehen und nicht zusammenfallen. Ihre Dicke betrug an mehreren Stellen 24 Zoll.
Die Oberfläche des scirrhösen Theiles war ungleich, höckerig. Von der Substanz sagt Otto: sie weicht so sehr von
der gewöhnlichen ab, dass sie vielleicht gar nicht zum Scirrhus gerechnet werden sollte. Die Grundlage der Masse
war ein Gewebe von unendlichen sich durchkreuzenden, sehr festen, weissen Fasern und Blättchen, wozwischen sich
aber lauter Zellen befanden, von der Grösse der Sandkörner bis zu der der grössten Erbsen. Bisweilen waren die
Zellen geschlossen, häufig auch mit den benachbarten communicirend; alle enthielten eine sehr zahe, helle ganz durch
) Seltene Beobachtungen zur Anatomie, Plysiologie und Pathologie, Breslau, 1810, 1 7ab, l. Fig. 4.
.