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Cruveilhier, dass der Krebs im Systema capillare venosum seinen Sitz habe. Mir scheint dies blosse Venenentzündung
anzuzeigen. Selbst die Areolae des Alveolenkrebses, dessen Maschen mit einer gallertigen Materie gefüllt sind, hält
Cruveilhier für das venöse Netz des afficirten Organes. Daher kommt dieser verdienstvolle Forscher auf die Theo
rie *), dass im Krebs das Venennetz das einzige afficirte sey, dass die übrigen organischen Elemente durch Atrophie
eingehen, in dem Maass als das Venennetz eine ungeheure Entwickelung erreicht, was er durch den Uteruskrebs er
läutert. Die Aufmerksamkeit scheint mir vielmehr hauptsächlich auf die organische Structur des Gewebes des Kreb
ses äusser den Gefässen gerichtet werden zu müssen, auf die Anordnung der Fasern, welche das Gerüste aller krebs
haften Geschwülste bilden und auf die Materie, welche zwischen den Fasern entweder diffus oder in Zellen abge
lagert ist, und welche den Gefässen zunächst fremd ist.
Mit dieser feiner Art der Untersuchung des Scirrhus hat man sich früher nicht beschäftigt; nur Home**) hat
eine mikroskopische Untersuchung über die Kügelchen des Scirrhus angestellt, die er so regelmässig und gleichgross
rund abbildet, wie ich sie nie gesehen habe. Diese Kügelchen hält er für Lymphkügelchen, mit welchen sie nicht
die geringste Aehnlichkeit haben.
Aus der Untersuchung einer grossen Anzahl frisch exstirpirter krebshafter Brüste in allen Stadien der Ent
wickelung, welche mir die Herren v. Gräfe und Diessenbach zukommen liessen, habe ich von dem Bau des gemeinen
Brustkrebses oder Scirrhus ein sehr bestimmtes Bild erhalten. Diese unebenen meist nicht gelappten, sehr harten, dem Durch
schnitt widerstehenden Massen zeigen auf dem Durchschnitt eine graue Grundmasse, welche dem Knorpel nur entfernt
ähnlich sieht. Weissliche Bänder sind nicht regelmässig darin vorhanden. Der Scirrhus der Brustdrüse zeigt zuweilen hie
und da weisse Fäden, in denen man ein Lumen erkennt, und welche einen farblosen oder weisslichen oder gelblichen Inhalt
haben. Diese weissen Fäden scheinen von Verdickung der Wände der Milchkanälchen und Lymphgefässe herzurühren.
Tab. I. Fig. 13. Im Scirrhus nicht drüsiger Theile fanden sich diese hohlen, weissen Fäden nicht. Die Masse des Scirrhus
besteht aus einer faserigen und einer körnigen grauen Substanz. Die faserige Masse erscheint auf dem Durchschnit selten
deutlich, sondern man erkennt sie erst beim Ausschaben der grauen Masse, für welche die erstere gleichsam das Lager ist.
Ist die graue Kugelmasse durch Schaben oder durch Maceration entfernt, so zeigt die faserige Grundlage ein sehr unregel
mässiges Maschengewebe von festen Faserbündelchen. Siehe Tab. I. Fig. 15. Die graue Masse, welche sich leicht aus
der faserigen Grundlage durch Schaben entfernen lässt, besteht ganz aus mikroskopischen Bildungskugeln, welche wenig
Zusammenhang untereinander haben. Man erkennt sie mittelst des Compositum theils bei Untersuchung sehr feiner
Durchschnitte, theils, und noch besser, einzeln an abgeschabter Masse. Diese Bildungskugeln sind durchsichtig und hohle
Zellchen oder Bläschen von 0,00045 — 0,00100.— 0,00120 P. Z. Durchmesser., In Wasser wie Essigsäure sind die
Kugeln nicht löslich, sie lösen sich auch nicht in kochendem Wasser auf. In manchen dieser Zellen erkennt man nur
einige wie kleine Körnchen aussehende Pünktchen, Tab. I. Fig. 10. 11., in anderen sieht man ein stärkeres Körperchen
wie einen Kern oder wie ein kleineres in der Zellkugel, enthaltenes Bläschen, Tab. I. Fig. 14. Ich habe eine ziemliche
Anzahl scirrhöser Brüste untersucht, in welchen es mir nicht gelungen ist, mich von der Existenz kleiner oder junger
Zellchen in den Bildungskugeln zu überzeugen; dagegen sah ich diese in einigen Fällen sehr deutlich. Die Erschei
nung jüngerer Bläschen in den grösseren scheint davon abzuhängen, ob man die Bildungskugeln gerade im Stadium
der Entwickelung beobachtet. In einem Falle von unzweifelhaftem äusserst hartem schon aufgebrochenem Scirrhus der
Brust zeigten sich sehr viele Bildungskugeln in dem Zustande, der in Tab. I. Fig. 14. abgebildet ist. Eine Anzeige
dieser Structur gab ich zusätzlich zu Schwann's Aufsatz in Froriep's Notizen 1838. Januar. N. 3. In manchen dieser
Zellen erkannte ich keinen bläschenartigen Inhalt, in anderen dagegen bei starken (4—500maligen) Vergrösserun
gen sehr deutlich entweder noch eine kleinere oder 2 jüngere Zellen, wovon jede mit einem noch dunkleren kleinern
Körperchen, dem Kern, versehen war. Die dicht gedrängten Haufen der Bildungskugeln liegen übrigens ohne Ver
wachsung in den Maschen eines faserigen Stroma, aus welchem sie sich sehr leicht entfernen lassen. Mit der
grössten Leichtigkeit lassen sich auch die einzelnen zarthäutigen Zellkugeln isoliren. Ob das in der Zellkugel
oft deutlich enthaltene einfache oder doppelte bläschenartige Körperchen mit dem Kernpuncte dem Kern einer Zelle
in deren Höhle entspreche, oder selbst eingeschachtelte junge Zelle sey, ist schwierig auszumitteln. Wäre es
Kern, so wäre das kleine Pünktchen dem Kernkörperchen, welches Schwann in der Regel an den Kernen der foe
talen Zellen fand, analog. Sind hingegen die blassen bläschenartigen Körperchen wirklich junge Zellchen, so ist
das kleinere Körperchen derselben dem Kerne in der Wand einer Zelle analog, aus dem sie sich bildet. Die Blässe
und Durchsichtigkeit des bläschenartigen Körperchens, das in der Bildungskugel enthalten seyn kann, ist gerade kein
Beweis, dass es kein Kern sey; denn die Kerne sind zuweilen in den foetalen Geweben auch auffallend blass und
sogar zuweilen bläschenartig. Indess ist es doch wahrscheinlich, dass die bläschenartigen Körper jungen Zellen ent
sprechen. Dafür spricht sehr stark die Analogie mit dem Alveolarkrebs. Bei einem Fall von Carcinoma mammae
simplex von einer 50jährigen Frau fand sich dieselbe Bildungsmasse mit anscheinenden jungen Zellchen in kleinen
Geschwülsten der Rippen wie in der Brust. Da die meisten Gewebe primitiv beim Embryo zuerst aus Zellen bestehen,
) Livr. 24.
*) E. Home a short tract on the formation of tumours and the pecularities that are met with in the structure of those, that have become cance
rous. London. 1830. Home lectures on comp. anat. Vol. IV. London. 1823. Tab. 9. Chirurg. Kupfert. Weimar, 1831, 53. Heft. Taf. 269.