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Siebzehntes Buch.
§. 906.
(Nr. 243. 1827. S. 518), daß reizende Stoffe schneller als
milde, und um so schneller, je höher ihre reizende Kraft ist, ein
gesogen werden. Nach den von Haller (Nr. 95. VI. p. 343)
angeführten Beobachtungen scheint in die Bauchhöhle gesprützter
Wein ungleich später eingesogen zu werden als Wasser; und wenn
Magendie (Nr. 789. I. p. 26) angiebt, daß Weingeist schneller
als Wasser, Äther aber noch schneller aufgenommen werde, und
daß scharfe ätzende Substanzen schneller als milde eingesogen zu
werden scheinen (Nr. 247. II. p. 231), so gilt dies wohl nur
von dem Eindringen in die Venen. Außerdem, daß mitwirkende
Umstände die Beurtheilung erschweren, sind wir auch bei Stoffen,
die uns nur nach ihren specifischen Wirkungen bekannt sind, bloß
auf die nackten Thatsachen hingewiesen; so bei dem Wuthgifte in
Vergleich mit dem Viperngifte, indem ersteres unwirksam bleibt,
wenn man noch eine oder mehrere Stunden nach dem Bisse die
Wunde ausschneidet, während bei letzterem die Amputation des
verwundeten Gliedes schon nach wenigen Minuten zu spåt ist.
B) Die Stärke des Einsaugungsvermögens der verschiedenen Or
gane wird hauptsächlich durch ihren Reichthum an Gefäßen, durch
die Lockerheit ihres Gewebes und durch die Leitungskraft ihrer
Decken bestimmt. Allein auch die eigenthümliche Stellung ihrer
Thätigkeit zum Gesammtleben hat einen bedeutenden Einfluß; ein
zelne Organe nehmen einige Stoffe schneller auf als andere, und
selbst die Lage scheint einen Antheil zu haben, indem manche
Gifte um so schneller wirken, je höher die Stelle ist, mit wel
a. cher sie in Berührung kommen. a) Die entoplastischen Gebilde,
Zellgewebe und seröse Säcke, nehmen die erste Stelle ein, da sie
während des Lebens fortdauernd aufsaugen (§. 910.a). Nach Ma
gendie (Nr. 789. I. p. 28 sq.) saugen die genannten Gebilde
stärker als andere ein, das Brustfell aber am stärksten, was er
indeß wohl mit Unrecht davon ableitet, daß es in Vergleich mit
dem Bauchfelle an Blutgefäßen reicher ist. Christison (Nr. 701.
S. 30) führt an, daß dieselbe Quantität Oxalsäure, die einem
Hunde ohne Gefahr des Lebens in den Magen gebracht werden
kann, in die Bauchhöhle gesprützt, denselben in weniger als einer
Viertelstunde tödet; indeß ist auch zu erwägen, daß das Gift, hier