Full text: Sechster Band (6)

§. 906. 
Von der Aufsaugung. 
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nicht so mit andern Feuchtigkeiten gemischt und einer Umwand 
lung unterworfen wird, wie in den Verdauungsorganen. Wenn 
mehrere Gifte in Wunden (§. 899. a) am stärksten wirken, so 
mag dies zum Theil auf demselben Grunde und auf einem un 
mittelbaren Eindringen in das Blut beruhen. b) Demnächst fol= b. 
gen die Schleimhäute, und hier begegnen wir der auffallenden 
Thatsache, daß diejenigen, welche den Sinnesorganen angehören, 
manche narkotische Gifte am schnellsten aufnehmen, wie denn 
Blausäure, auf die Bindehaut gestrichen, fast augenblicklich tödet 
(Nr. 547. S. 236 fgg.), und nach Brodie (Nr. 184. XII. 
S. 162) auf die Zunge gebracht, schneller wirkt, als wenn sie 
in den Magen eingeführt worden ist. Magendie (Nr. 789. I. 
p. 42) erklärt dies aus dem Mangel an isolirendem Schleime; 
indeß können wir letztern wohl nur für einen Halbleiter halten, 
der, wenn er nicht zu dicht und in zu dicken Schichten aufgetra 
gen ist, der Tränkung vielmehr zu Statten kommt, wie dies 
auch Tiedemann und Gmelin (Nr. 642. I. S. 365) aner 
kennen; der Reichthum an Nerven und die Nähe des Gehirns 
mögen wohl auch Antheil an jenen Erscheinungen haben. Die 
Lungen nehmen beim Athmen für immer Gas unmittelbar in das 
Blut auf; in die Bronchien eingebrachte fremdartige Substanzen 
werden daher besonders leicht von den Venen aufgenommen, wie 
denn nach Segalas (Nr. 423. XII. p. 104) hier eingesprützter 
Weingeist eben so schnell Trunkenheit verursacht, als wenn er un 
mittelbar in das Blut gebracht wird. Narkotische Gifte wirken 
daher hier ungleich stärker, als auf einer andern Schleimhaut, 
wie z. B. nach Segalas (Nr. 216. IV. p. 284 sqq.) Kråhen 
augenextract zu zwei Gran in den Lungen schon nach einigen Se 
cunden, zu zwei Drachmen hingegen in der Harnblase erst nach 
20 Minuten die Vergiftungszufälle hervorbrachte; es tödete aber 
auch bei jener Anwendungsart in Quantitäten, welche, in den 
Magen und selbst in seröse Säcke gebracht, keine Vergiftung ver 
ursachten; ja es wirkte dort selbst schneller, als wenn es unmit 
telbar in eine Vene gesprützt war, unstreitig weil es hier in das 
Hohlvenensystem gebracht, dort aber durch die Lungenvenen in das 
Aortensystem übergeführt wurde. c) Seguin (Nr. 185. III. c.
	        
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