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Siebzehntes Buch.
§. 905.
gemäß beruht denn auch das Wesen der Einsaugung auf der,
wenn auch in verschiednem Grade, dennoch aller Materie über
haupt gemeinsamen Durchdringbarkeit, in einer durch den Begriff
des Organismus bestimmten Form. Dies ist längst anerkannt
worden, z. B. von Cruikshank (Nr. 727. I. S. 9. 98), der
die Einsaugung für eine Durchschwitzung durch Attraction von
Haarröhrchen erklärt, die jedoch nicht bloß nach physischen Ge
setzen vor sich geht, und von Wedemeyer (Nr. 529. S. 454),
der sie als einen nach physischen Gesetzen unter dem Einflusse des
Lebens erfolgenden Hergang betrachtet. Wenn die Gewohnheit,
physische Erscheinungen auf die an den Apparaten der Physiker
angestellten Beobachtungen zu beziehen, es mit sich brachte, daß
man die bei der Einsaugung wirksame Anziehung als Capillarität
bezeichnete, so konnte man verleitet werden, die Einsaugung für
einen von physischen Erscheinungen ganz verschiednen Hergang zu
halten, weil sie nicht nach denselben Gesetzen erfolgt, wie die An
ziehung der gläsernen Haarröhrchen; daß letztre z. B. keine Feuch
tigkeit aus der Luft an sich ziehen, führt Ontyd (Nr. 730. p.
17) als Grund für den rein vitalen Charakter der Einsaugung
an, da doch sowohl unorganische als auch todte organische Sub
stanzen hygroskopisch sind. Wenn warme Umschläge von Kleien
oder Bohnenmehl auf wässerigen Geschwülsten nach einiger Zeit
von Feuchtigkeit durchzogen sind, so hat die Lebensthätigkeit offen
bar nur einen beschränkten Antheil daran, und umgekehrt tränken
sich auch organische Gebilde mit angebrachter Feuchtigkeit, unab
hängig vom Leben (§. 833). Die vollständige Einsaugung aber,
d. h. die Leitung auf organischem Wege zum Blute, ist eine Le
benserscheinung, die vermöge des partiellen Lebens (§. 634. F. o)
auch nach dem Tode vorkommt (Nr. 727. II. S. 29), aber dann
viel langsamer vor sich geht (Nr. 196. IV. S. 164), nicht lange
dauert (Nr. 735.. p. 63) und überhaupt nur als Ausnahme von
der Regel beobachtet wird (Nr. 730. p. 27 sqq.). a) Wie die
Ausdünstung nach physischen Gesetzen erfolgt (§. 882. C), und
nach dem Tode fortdauert (§. 634. g), aber unter dem Einflusse
des Lebens ungleich stärker ist (§. 882. D), so gilt Aehnliches
auch von der Einsaugung. Sie kann lebhaft sein auch ohne