§. 993.
Von den Lebenskräften.
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dieses Organs durch die Erschütterungen, die es, ohne selbst eine
Bewegung zu zeigen, in fremden animalischen Körpern hervor
bringt, und durch die Beschaffenheit der Substanzen, welche sie
leiten oder isoliren, sich als wirklich elektrisch erweist, so ist sie
doch eigenthümlich modificirt. Nach Humboldt (Nr. 446. III.
S. 299—322) ist die Empfindung, die man davon erhält, an
ders als von künstlich erregter Elektricität; nur selten giebt das
Organ knisternde Funken, die man doch bei der Stärke seiner
Schläge für immer erwarten müßte; auch zeigt es keine Anzie
hungen und Abstoßungen, wie andere elektrische Körper, und wirkt
nicht auf das Elektrometer. Daher haben denn auch die Beob
achtungen, nach welchen man am menschlichen Körper die sonst
gewöhnlichen Merkmale der Elektricität vermißte (e), wenig Be
weiskraft. C) Indem wir die Modalität der organischen Wech
selwirkung als eine elektrische anerkennen, sind wir weit entfernt,
die Elektricität für den Grund des Lebens zu halten. Denn sie
setzt schon Differenz und Mannichfaltigkeit der Gebilde voraus,
die ein Erzeugniß des Lebens ist; sie giebt die Einzelnheit der
Actionen, und es muß eine andere Kraft hinzutreten, um diese
zur Einheit der Functionen und des Gesammtlebens zu verknü
pfen; wenn nach dem Erlöschen des letztern noch partielles Leben
im Leichname sich erhält, so zeigt dieser noch elektrische Erschei
nungen; sind die Nerven und Muskeln todt, so bringt das Elek
trisiren derselben keine Bewegungen mehr hervor, und keine elek
trische Ladung vermag den Leichnam wieder zu beleben. Die
Elektricität ist demnach nicht Lebensprincip, sondern eine Form,
in welcher dieses sich äußert; eine Form der Wirksamkeit, die der
Organismus mit dem Unorganischen gemein hat, die er jedoch
eigenthümlich modificirt.
§. 994. Die Wärme des Organismus wurde im Alter
thume als uovror Jeouov für das Lebensprincip gehalten, ist
aber nur eine allgemeine Naturkraft, welche durch das Leben und
für dasselbe auf eigenthümliche Weise und in besondern Modifica
tionen entwickelt wird. A) Das Leben bedarf nämlich überall
eines gewissen Grades der äußern Temperatur und erlischt in zu
heftiger Kälte wie in zu starker Hitze. Dies Bedürfniß ist bei