Full text: Sechster Band (6)

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Von der Verdauung. 
S. 951. 
bei fleischfressenden. — Hier, wie in vielen andern Puncten, kön 
nen wir also nur nach Gründen der Wahrscheinlichkeit urtheilen. 
Wir wollen und dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, daß immer 
neue, auf die bisher gewonnenen Resultate sich stützende Forschun 
gen uns weiter führen werden. Können wir aber auch über die 
Einzelnheiten, durch welche ein verwickelter Act zu Stande ge 
bracht wird, nicht zu vollständigem Verständniß kommen, sondern 
nur Vermuthungen aufstellen, so reicht doch schon die Zusammen 
stellung und Erwägung der bekannten Thatsachen hin, uns eine 
allgemeine Ansicht des Herganges überhaupt zu schaffen. Und so 
ist es denn auch Zeit, das Wesen der Verdauung ins Auge 
zu fassen. 
Das Wesen der Verdauung. 
§. 952. Die Verdauung besteht wesentlich nicht in einem über 
gange der Nahrungsstoffe in das Lymphsystem, sondern in Bil 
dung neuer Stoffe. A) Die Betrachtung, daß jedem organischen A. 
Wesen die Substanz anderer als Nahrung dient, kann zu einer 
entgegengesetzten Ansicht leiten. Leben ja doch die Thiere von an 
dern Thieren oder von Pflanzen, so wie letztere wiederum in der 
mit animalischen oder vegetabilischen Stoffen geschwängerten Erde 
ihre Nahrung finden. Hiernach scheint die Ernährung nichts an 
deres als eine Wanderung der organischen Materie zu sein, so 
daß diese, nachdem sie eine Zeit lang den einen lebenden Körper 
ausgemacht hat, die Substanz eines andern bildet. Und da die 
Fortdauer des Lebens von dem Eintritte solcher organischen Ma 
terie abhängt, so scheint diese selbst lebensfähig und der Grund 
alles individuellen Lebens zu sein, indem sie überall in individuelle 
Formen eingeht, und hinter diesen ihre Identität verbirgt. So 
zeigt sich denn ein allgemeines Leben, eine Verknüpfung und Ver 
wandtschaft aller lebenden Wesen: die organische Materie wird durch 
ein längeres Verhalten in einer bestimmten, individuellen Form 
entkräftet; um sich zu verjüngen, wandert sie aus, vom Streben 
nach Allgemeinheit getrieben, zieht dann aber wieder in andere 
Formen ein, um von Neuem das Leben zur Erscheinung zu brin¬
	        
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