Vom Bilden.
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det worden ist, dieselben Bestandtheile in derselben Proportion be
sitze; wenn also keine Verschiedenheiten hier erkannt werden, so
liegt der Grund davon nur in der Schwierigkeit der Untersuchung
überhaupt und in der Art, wie sie angestellt wurde, insbesondere.
Legallois (Nr. 419. II. p. 126—195) hat ausführlich darge
than, nicht daß das Blut in jedem Puncte des Aortensystems ge
nau dasselbe ist, sondern nur, daß man keine Verschiedenheiten dar
in bestimmt hat nachweisen können. Vielleicht ist diese Nachwei
sung unmöglich, da das Bilden überhaupt eine moleculäre, nicht
an sich und unmittelbar, sondern nur in ihrem Producte erkenn
bare Action ist, mithin auch die Veränderung, welche das fortströ
mende Blut bei flüchtiger Berührung eines Organs erfährt, in ei
ner für unsere Mittel der Untersuchung zu feinen Nuance bestehen
kann. Vielleicht aber auch sind künftige Forscher glücklicher: ist ja
die Differenz des arteriösen und venösen Blutes auf das Bestimm
teste geleugnet (§. 752. a) und erst durch gründlichere Untersu
chungen bewiesen worden. k) Die vorkommenden Abweichungen
von der gewöhnlichen Blutvertheilung beweisen nur, daß das Le
ben auch unter den mannichfaltigsten Verhältnissen das, was in
seinem Begriffe liegt, verwirklicht, und so der Organismus aus
jeder Art seines Blutes die ihm entsprechenden Gebilde hervorbrin
gen kann. 1) Endlich erscheint uns die Natur überall zu großar
tig, als daß sie die Ideen, die sie in allgemeinen Umrissen aus
prägt, auch bis in die kleinlichsten Einzelnheiten verwirklichen sollte.
Manche vollkommen naturgemäße Ansicht wird, wenn wir nicht ab
lassen, sie fortzuspinnen, unter unsern Händen zum Zerrbilde, wovon
die neuere Literatur Beispiele genug aufzuweisen hat. Wir wollen also
nicht behaupten, daß jeder Spaltung eines Arterienzweiges ein polares
Auseinanderweichen der Blutmasse in entgegengesetzte Formen zum
Grunde liege, sondern dafür uns begnügen, in einer Gesammtanschauung
des Bildens selbst die Entwickelung aus dem Blute zu erkennen.
§. 887. Die Gegensätze der Gebilde unter einander lassen sich
mehr oder weniger treffend dahin deuten, daß sie durch eine Ent
wickelung des Blutes nach verschiedenen Seiten hin ihren Ursprung
nehmen. a) Die Gefäße selbst sind ihrer Entstehung nach als
Selbstbegränzungen des Lebenssaftes zu betrachten, indem dieser in