Viom Blutleben.
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begeistet, oder gewinne das Pneuma, wodurch es in den Stand
gesetzt wird, erregend und belebend auf alle organische Gebilde zu
wirken. Weil es aber das Universelle im organischen Leibe ist (d),
hat es auch nur mit der Atmosphäre, als dem Universellen unseres
Weltkörpers, eine so nahe Verwandtschaft, daß es mit ihr, aber
auch nur mit ihr, einen unmittelbaren Austausch der Stoffe ein
geht. Wenn wir sehen, daß der Cruor, als der ganz eigentliche
Blutkörper (g), auch getrennt vom Organismus, an der Atmo
sphäre sich röthet, ja nach Barruels Bemerkung (Nr. 583. I.
p. 269) noch spät, wenn Faserstoff und Eiweißstoff sich schon be
deutend verändert haben, in Sauerstoffgas hellroth wird, so scheint
daraus hervorzugehen, einerseits daß der mit diesem Farben
wechsel verbundene Austausch der Stoffe, da er noch am todten
Blute eintritt, nur die materielle Außenseite des Verkehres mit
der Atmosphäre ist, andererseits daß die Verwandtschaft zu letz
terer tief genug in der Natur des Blutes liegt, um auch ohne
Mitwirkung des Lebens in ihrer materiellen Seite sich äußern
zu können.
§. 775. Das Blut ist das bewegliche Element des Organis
mus: sein Lauf ist der räumliche Ausdruck seines innern Lebens
oder seines Verkehres mit den übrigen Gliedern des Organismus
und mit der Atmosphäre. Wie es bei dieser Wechselwirkung in
immerwährender Veränderung und Umwandlung begriffen ist, so ist
es auch in unaufhörlicher Bewegung, rinnt rastlos in allen Rich
tungen durch den ganzen Körper, wirkt nur im Durchströmen bele
bend auf die organischen Gebilde und verliert, wo es zu völliger
Stockung gelangt, seine Kraft und selbst seine eigenthümlichen sinn
lichen Eigenschaften. Wenn es auf der niedrigern Stufe des Le
bens schwankend, hin und her wogend sich bewegt, so gewinnt es
seine volle Bedeutung erst, wo es in stetiger Richtung eine in Ar
terien und Venen zerfallende kreisförmige Bahn durchläuft. A) Der
ideelle Grund des Blutlaufes ist die Tendenz des Lebens zur Schei
dung und Vereinigung, zur Differenzirung und zur Synthesis, zur
Mannichfaltigkeit und zur Einheit: eine Tendenz, die von Anbe
ginn des Lebens sich äußert (§. 474 fg.). Wollen wir uns bild
lich ausdrücken, und Das, was der Idee des Lebens zukommt,
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IV.