Vom Blutleben.
419
eine doppelt unterbundene Arterie darum gemeiniglich nicht ganz mit
Blut gefüllt (§. 715, c), weil nach Anlegung des ersten Bandes
kein Blut mehr einfließt, denn wenn man sie gleichzeitig an zwei
Stellen unterbinde, so finde man sie ganz gefüllt. Besonders lehr
reich ist Wardrops Entdeckung, daß ein Aneurysma, unterhalb
dessen man die Arterie unterbunden hat, augenblicklich schwächer
pulsirt, an Umfang abnimmt und allmählig verwächst (Nr. 196.
XVI. S. 155): es ist hier augenscheinlich, daß das Aneurysma
nicht durch die Stoßkraft des Herzens, sondern durch die Anziehungs
kraft der Organe Blut empfängt. c) Wie die Unterbindung wirkt
auch die Verstopfung einer Ader. Wedemeyer (Nr. 529. S.
196 fg.) sah z. B. Haargefäße, deren letzte Enden durch Gerinn
sel verschlossen waren, von Blutkörnern leer, und wurde ein solches
einmahl durch den Strom herein geschleudert, so oscillirte es darin
bis es wieder in den Stamm zurückkehrte. Haller (Nr. 152.
I. p. 85) sah, daß, nachdem sich das Blut in einer aneurysmati
schen Ausdehnung der Gekrösarterie angehäuft hatte, ohne abzuflie
ßen, der Stamm über der Ausdehnung endlich ganz leer wurde.
So kann auch ein in die Arterie gedrungener fremder Körper den
Blutlauf hemmen, ohne ihn mechanisch zu hindern: nach den Beob
achtungen von Velpeau braucht man in eine Arterie von der
Stärke einer Schreibfeder nur eine Nähnadel einzustechen und zwei
bis vier Tage liegen zu lassen, um eine Verschließung der Ader
durch ein festes Gerinnsel zu bewirken (Nr. 196. XXIX. S. 169).
B) Wenn sich die Lebensthätigkeit eines Organes vermindert, so ver
mindert sich auch der Zufluß des Blutes zu demselben. Selbst der
Gehalt hohler Organe scheint einen Einfluß zu haben: wenigstens
deuten Spallanzanis (Nr. 493. p. 163) Beobachtungen dar
auf hin, nach denen der Blutlauf an der Gallenblase sogleich auf
hörte, als sie durch eine kleine Offnung entleert worden war, und
(ebd. p. 270) zu den luftleeren Lungen wenig oder gar kein Blut
floß. d) Gewisser ist es, daß gelähmte Gliedmaaßen weniger Blut
maufnehmen, einen kleineren Puls haben, kälter und magerer wer
aden als die gesunden desselben Individuums (Nr. 533. S. 155).
So erzählt z. B. Abercrombie (Nr. 550. S. 178 fg.) Fälle
von plötzlich eingetretener Lähmung einzelner Glieder, wobei diese
27