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Vom reifen Lebensalter.
höhten Innerlichkeit des Lebens ergiebt, ist das Festhalten an
den Resultaten des früheren Strebens und Wirkens (vgl. §. 588, h)
wo aber im früheren Leben nichts Bleibendes gewonnen worden ist,
dann fehlt allerdings auch dem Alter sein Gehalt. g) Der frühere
geistige Erwerb erhält die Lebendigkeit des späteren Alters. Als
Voltaire achtzig Jahre alt war, vergoß er beim Vorlesen seiner
Trauerspiele Thränen der Freude und Rührung. Wenn Kant
über seinen Marasmus mißmuthig war und in Klagen ausbrach,
so konnte man ihn bald erheitern, wenn man ihn über Gegenstände
der Physik oder Chemie befragte; und wenige Tage vor seinem
Tode, wo er die Reden über Dinge des gemeinen Lebens nicht mehr
begriff, weckte ihn eine ethnologische Frage aus seiner Betäubung
so daß er sich lebhaft und ausführlich über diesen Gegenstand er
klärte. h) Die Eigenthümlichkeit des Greises ist, mehr die allge
meinen Resultate als die Einzelnheiten festzuhalten. Als Muster
kann der hundertjährige Greis gelten, der zu Rush (a. a. O.
S. 127) freudig sagte, er habe alle Dinge, die er vorher gewußt
hätte, vergessen, nur nicht seinen Gott. Nicht darin bestand New
tons Schwäche, daß er seine Rechnungen nicht mehr verstand,
sondern darin, daß er diesen Verlust beweinte, mit der Kenntniß
des Gesetzes der Schwere sich nicht begnügen wollte und sich nicht
an das jenseit der Berechnung liegende Unendliche hielt, sondern
das Rechnen selbst für das Höchste nahm. i) Da die Kraft zu
erwerben gesunken ist, so ist das Bestreben zu erhalten und sich des
Erworbenen zu erfreuen, somit aber das Princip der Stetigkeit vor
herrschend. Das Fortschreiten des Greises geht weniger auf neuen
Erwerb als auf tiefere Begründung des früheren; alles ist bei ihm
mehr feststehend, und indem er der Gewohnheit ihr volles Recht
einräumt, sind alle seine Neigungen und Begehrungen bestimmter
und beharrlicher. So ist er denn gegen Neuerungen mißtrauisch
und wird leicht verleitet, die Gebrechen der neueren Zeit in einem
zu grellen, so wie die Vorzüge der alten Zeit in einem zu glänzen
den Lichte zu erblicken. C) Wie die Innerlichkeit zur Einheit, die
Einheit im Mannichfaltigen zur Allgemeinheit führt, so ist der dritte
Zug im Charakter des Greises Universalität: er ist fernsichtig
(§. 589, c), und während er das Nahe, Kleine, Einzelne nicht