Achtes Busch.
368
den Instinct hervorgerufen. Wie bei dem Zeugen als materieller
Bildung der Organismus durch den Trieb bestimmt wird, seinen
Charakter auf das Gezeugtwerdende überzutragen und die Entwicke
lung der eigenen Kräfte in diesem zu fördern, so offenbart sich im
Erziehen ein gleicher Trieb, aber in freithätiger Form und auf ein
Freithätiges bezogen: was das Zeugende besitzt, will es auch dem
Gezeugten mittheilen; dies ist ihm Bedürfniß, und um seiner selbst
willen erzieht es, da die Zeugungslust bei ihm jetzt als Freude am
Erziehen hervortritt. Wie bei den niederen Formen des animalen
Lebens das Thier ohne Theilnahme der Mutter ausgebrütet wird
so gedeiht es auch nach seiner Enthüllung ohne deren Pflege; höher
steigert es sich, wo es dann noch geschützt und ernährt wird; bei
den höchsten Thieren aber, namentlich bei denen, wo die Stimme,
das vollkommenste Mittel gegenseitiger Verständigung (a), constant
ist, bei Vögeln und Säugethieren tritt der Instinct zu vollständigem
Erziehen, d. h. zu leiblicher Pflege, so wie zum psychischen Beleben
und Unterrichten hervor. Im Menschen, wo des Lebens volle Be
deutung sich aufschließt, gelangt das dunkle Gefühl der Erziehungslust
zum Selbstbewußtseyn, und das, wozu der Instinct genöthigt hatte,
erscheint nun als Vernunftgebot. Aber nie verliert der Instinct
seine Macht gänzlich: vom Anfange an sind Kinder erzogen worden,
und sie werden es immerfort und überall, und noch ehe man dar
über sinnt, ob es nöthig sey, oder nicht (Nr. 441. II. S. 4).
Eben weil die Vernunft nicht leblos und unnatürlich, vielmehr der
wahre Grund des Lebens und die sich selbst offenbar werdende Na
tur ist, stimmen ihre Gebote mit dem Instincte und den organischen
Verhältnissen des Leibes überein. Diese Verkettung und gegenseitige
Beziehung offenbart sich z. B. beim Säugen: während die Mutter
die Pflicht erkennt, ihr Kind zu ernähren, bildet sie bewußtlos und
unwillkührlich gedeihliche Nahrung desselben aus den eigenen Säften,
und indem hier das dunkle, organische Leben mit dem lichten Selbst
bewußtseyn im Einklange steht, wird die Mutterbrust geheiligt; der
Gedanke an den geliebten Säugling und der Wunsch, ihm wohl
zuthun, bewirkt Congestion in der Milchdrüse, vermehrte Bildung
und freie Ausströmung der Milch; während aber die Mutter, wie
bis zur Selbstvergessenheit in Liebe versunken, dem Kinde die Brust