Zweite.s Buch.
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einleuchtet, solmüssen wir dagegen bei der empirschen Bestimmung,
wo sie vorkommt, vorsichtig seyn; wir dürfen sie nicht da schlechthin
annehmen, wo ein Individuum für sich allein zeugt, denn dies kann
ohne den Gegensatz besonderer Zeugungsstoffe geschehen (§. 20.),
sondern nur da, wo ein solcher Gegensatz bestimmt nachgewiesen
werden kann. Bei der Selbstbefruchtung sind nun zwei Fälle ge
denkbar: entweder ist der Gegensatz in einem Organe enthalten (a.)
oder in zweien (b— e.), a) Das erste Auftreten eines geschlecht
lichen Gegensatzes könnte darin bestehen, daß er noch nicht in den
Zeugungsorganen, sondern bloß in den Zeugungsstoffen, als Pro
ducten eines und desselben Organs erschiene. So kann der Eierstock
von Acephalen Samen bilden, welcher entweder aus der wässerigen
Feuchtigkeit des Eierstocks zuerst sich niederschlägt, dann diese befruch
tet und hierauf verschwindet, während die Eier sich bilden, oder spä
ter abgesondert wird und zu den schon vorhandenen Eiern befruch
tend hinzutritt (§. 68. a.); derselbe Eierstock würde hier in dem
einen Momente überwiegend männlich, im anderen überwiegend
weiblich seyn, also einen zeitlichen Gegensatz der Geschlechtlichkeit
darstellen (§. 148). (Indessen müssen erst weitere Untersuchungen
entscheiden, ob die milchige, mit Cercarien gefüllte Flüssigkeit auch
wirklicher Samen ist, und ob dieser nicht vielleicht zur Befruchtung
anderer Individuen dient?/ —. Sind die Zeugungsstoffe an zweierlei
Organe vertheilt, so wäre es möglich, daß sie entweder durch ihr
bloßes Daseyn (b.), oder durch ihr wirkliches Zusammentreten (c—e.)
die Zeugung bewirkten. h) Bei den Rhizyspermen findet man An
theren und Fruchtknoten in geschlossenen Capseln, und man sieht
nicht, wie der Pollen zu den weiblichen Theilen kommen kann; wird
hier der Fruchtknoten dadurch fruchtbar, daß überhaupt Pollen sich
bildet? Es wäre möglich, daß das Männliche durch sein bloßes
Daseyn die Fruchtbarkeit vermiktelte; indem der Samen ausgeschie
den würde, könnte schon dadurch die weibliche Wirksamkeit gesteigert,
concentrirt und zur Zeugung bestimmt werden; vielleicht, daß die
Scheinantheren, als männliche Organe ohne männlichen Stoff (§.
68. b.), darin ihre Bedeutung fänden. Indessen scheinen die letz
teren Organe die Fruchtbarkeit eher zu vermindern, als zu erhöhen;
auch bemerkte Henschel (schlesische Provinzialblätter 1824. S.