Full text: Erster Band (1)

Zweites Buch. 
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bei ihrer Rückkehr im Herbste, denn dort erscheinen sie schon in dem 
Gefieder der Brunst, und von Zeugungslust getrieben. h). Die 
Stimme hat ihren Ursprung in dem an Liebe gränzenden Geschlechts 
triebe. Unter den wirbellosen Thieren tritt sie zuerst auf bei den 
jenigen, wo die Zeugung mehr in das psychische Leben eingreift, bei 
den Insecten, und zwar vorzüglich zur Begattungszeit, wie denn 
das Zwitschern der Cicaden und Locusten ein Lockgesang ist. Der 
Fisch ist stumm, da seine Brunst kaum eine individuelle Beziehung 
hat. Bei den Amphibien tritt mit einer innigern und brünstigern 
Paarung auch die Stimme ein: die Frösche quaken um diese Zeit 
unablässig, die Molche unken, die Schlangen und die Schildkröten 
zischen, und das Krokodil schreit in der Brunst. So bekommen 
auch viele männliche Vögel nur in der Brunst eine Stimme, oder 
ihre Stimme wird dann stärker und ihr Gesang unerschöpflich, oder 
sie bekommen einen eigenen Ruf, der zum Locken dient; manche 
Weibchen bekommen auch ein Lockgeschrei, so wie mehrere von ihnen 
noch einen besondern Ruf haben, wenn sie Eier legen, und wenn 
sie Junge haben. Die Stimme drückt bei den Männchen das Ver 
langen nach Begattung, bei den Weibchen mehr das Bedürfniß der 
Befruchtung aus; eine männliche Wachtel, mit einer weiblichen zu 
sammengesperrt, schlägt nicht; Staarweibchen hören auf zu singen, 
wenn sie, auch ohne befruchtet worden zu seyn, ein Nest bauen 
und Eier legen, und singen wieder, wenn man ihnen das Nest 
nimmt. Männliche Vögel, welche den größten Theil des Jahres 
die Begattung begehren, singen auch immer; bei den weiblichen ist 
auch der Gesang wie die Brunst mehr auf einen bestimmten Zeit 
raum beschränkt. Bei den monogamischen Singvögeln ist die Stimme 
melodisch und zum Theil ein sanfter Gesang, Sehnsucht und Liebe 
ausdrückend; bei den polygamischen Landvögeln ist sie mehr ein ver 
langendes Geschrei. Der Fasan lockt seine Hühner mit abgebroche 
nen Tönen, der Goldfasan und das Haselhuhn mit einem schmet 
ternden, weit zu hörenden Pfiffe, der Birkhahn mit einem in Ter 
zien aufsteigenden Gurgeln, welches bisweilen mit einem eigenen, 
dumpf zischenden Tone abwechselt. Auch bei den Säugethieren tritt 
eine eigene Modification der Stimme in der Brunst ein: dahin ge 
hört das eigene Gebrüll des Rindviehes, das Geschrei der Katzen,
	        
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