Zweites Buch.
352
welchen das Weibchen ihm entgegensetzt, und die Hindernisse, welche
die andern Männchen ihm in den Weg legen, machen es nur noch
hitziger. So wächst beim Manne selbst die Liebe, wenn er dabei
Schwierigkeiten zu bekämpfen hat; je gefährlicher und mißlicher, desto
reizender ist sie für ihn, und da er immer seine Kraft in Thätig
keit setzen will, so wird seine Liebe dadurch, daß sie ihm ein höheres
Kraftgefühl gewährt, um so inniger und beständiger. d) Endlich
ist die Richtung der Lebensthätigkeit von Einfluß. Der wollüstige
Müssiggänger, der seine Kraft auf nichts Anderes zu richten weiß,
hat, so wie der Blödsinnige, die meiste und anhaltendste Geschlechts
lust, während geistige Beschäftigung und körperliche Thätigkeit die
Kräfte im normalen Gleichgewichte erhält. Bei frühzeitig begonne
ner und häufiger Begattung entwickeln sich die Zeugungsorgane stärker;
wenn dadurch die Kräfte im übrigen Organismus schon schwinden,
der Körper abmagert und austrocknet, bleibt die Samenbildung noch
üppig, weil das Uebergewicht dieser Richtung der Lebensthätigkeit
habituell geworden ist; und wenn endlich auch die Zeugungstheile
welken, bleibt noch der Stachel der Geschlechtslust in der ausgearte
ten Phantasie zurück. Umgekehrt wird durch gänzliche Enthalt
samkeit in den reiferen Mannesjahren der Geschlechtstrieb getilgt
und selbst ein Verwelken der Zeugungsorgane herbeigeführt, wie
man es denn der Erzählung nach bei manchen Einsiedlern gefun
den hat.
Erscheinungen des Zeugungstriebes.
§. 247. Die Veränderungen, welche in der Zeit der Fortpflan
zung an den Zeugungsorganen eintreten, haben wir oben (§. 240.)
betrachtet; wir wenden uns nun zu den Erscheinungen, welche der
übrige Organismus während dieser Periode darbietet. a) Dieser
Zeitraum bezeichnet den Gipfel des pflanzlichen und thierischen Le
bens, oder fällt mit dem der höchsten Entwickelung zusammen. Die
Insecten, die in ihrem vollkommenen Zustande nur kurze Zeit leben,
begatten sich unmittelbar nach ihrer letzten Metari pose; so ist bei
der Ephemera horaria, die nach der letzten Verwandlung binnen
einigen Stunden sich begattet, Eier legt und stirbt, das ganze reife