Full text: Denon, Vivant: Reisen durch Ober- und Unter-Aegypten während Bonaparte's Feldzügen

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Jasmin. Man denke sich hierzu noch die übrigen Ge 
nüsse der ortentalischen Vielweibereyen. 
Der Offizier, der die Eskorte kommandirte, war 
einer meiner Freunde, er zählte mich zu der kleinen 
Anzahl derer, die innerhalb der Pyramiden gehen sollten. 
Wir waren zusammen dreyhundert. Am Morgen des fol 
genden Tages suchte man sich, wartete auf einander, und 
ge 
reiste dann spät ab, wie es bey großen Gesellschaften 
der 
wöhnlich zu gehen pflegt. Wir kreuzten wegen 
Wässerungs=Kanäle auf den Ländereyen hin und her 
nachdem wir in dem bebauten Lande mehrmahls ange 
landet waren, erreichten wir Mittags die Gränze der 
Wüste. Unterweges hatte ich mehrere Skizzen der Ge 
genden entworfen, die ihnen nahe sind. Kaum hat 
ten wir die Barken verlassen, als wir uns mitten im 
Sande befanden; wir durchwanderten ihn bis zur 
Ebene, auf welcher diese Monumente stehen. Wenn 
man sich diesen Kolossen nähert, erniedrigen und ver 
hehlen sie sich dem Auge, wegen ihrer winklichten und 
geneigten Gestalten; da ferner alles regelmäßige nur 
durch Vergleichung klein oder groß erscheint, und die 
se Massen alle Gegenstände umher unendlich überragen, 
doch aber in ihrer Ausdehnung einem Berge nicht glei 
chen (das Einzige, was unser Geist natürlich mit ih 
nen vergleicht), so wundert man sich, wenn man den 
ersten Eindruck, den sie von fern machten, allmählich 
abnehmen sieht; aber kaum fängt man an, dieses rie 
senmäßige Produkt der Kunst mit einem bekannten Maß 
stabe zu messen, so erhält es seine vorige ungeheu 
re Größe wieder. Wirklich schienen mir hundert Per 
sonen, die, als ich ankam, vor der Deffnung der 
Pyramiden standen, so klein, daß ich se nicht für 
Menschen hielt. Ich glaube, man müßte, um in der 
Mahlerey wie in der Zeichenkunst eine richtige Idee
	        
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