Von den Betten der Flüsse.
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welcher von dem auf der linken Seite abgeschnitten zu seyn
scheint *). Ohne Zweifel sind in den hohen Gegenden Süd
amerika's, die Quebrada's, oder Oeffnungen in dem Boden
zwischen ungeheuren Felsenmassen, durch das Reiben und Ab
spülen, welches der schnelle Zug des Wassers verursacht hat,
hervorgebracht worden. Diese Räume zwischen zweien an
beiden Seiten befindlichen Ebenen sind zum Theil so groß,
daß sie oben im Freien zwei und mehrere Meilen breit sind.
Je tiefer sie gehen, je mehr verengen sie sich, und ganz un
ten strömen die Flüsse, wo sie ihr Bette in der Mitte ha
ben. Die Windungen und Krümmungen, in welchen sie
laufen, gleichen denen vollkommen, welche die Höhen auf
beiden Seiten haben, und die Uebereinstimmung ist so groß,
daß wenn beide Seiten sich vereinigten, sie auf das genaueste
in einander einpassen, und einen ebenen und ununterbroche
nen Boden ausmachen würden, so daß nicht die mindeste
Oeffnung übrig bliebe. Diese Flüsse setzen ihren Lauf, durch
solche von Bergen eingeschlossene Schluchten beständig fort,
bis sie in dem niedrigsten Lande heraus kommen, und in
einem flachen Bette dem Meere zueilen. Besonders merk
würdig ist der kleine Fluß Chapplancas. Dieser läuft eine
halbe Meile weit in einer Schlucht, welche in dem lebendi
gen Felsen mit einer solchen Genauigkeit eingehauen zu
seyn scheint, daß die auf der einen Seite herausstehenden,
und auf der andern eintretenden Ungleichheiten vollkommen
auf einander passen 2).
Die Betten der Flüsse liegen tiefer als das Land zu bei
den Seiten; indessen giebt es doch hiebei nicht selten Aus
nahmen. Wenn nemlich die Ufer eines Flusses, irgend in
einer Gegend von der Beschaffenheit sind, daß sein Wasser
1) Opuscoli sulle scienze e sulle arte. Tom. IV. p. 293.
*) Ulioa physikal. und histor. Nachrichten vom südlichen und nordöstlichen
Amerika. a. d. Spanisch. v. Dieze. Leipz. 1781. 8. S. 23.