Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 1. Theil. Die Lehre vom Geiste. Innerer Sinn. 116 d. i. die Ausdauer der Aufmerksamkeit, besteht in der Fertigkeit, das bemer¬ kende Vermögen in uns so lange in Wirksamkeit zu erhalten, als das für den Zweck der Beobachtung nothwendig oder nützlich ist. Diese Eigenschaft der Auf¬ merksamkeit wird vorzüglich dem mechanischen Kopfe zugelegt, welcher seine Aufmerksamkeit oft sehr lange hintereinander auf einerlei Vorstellungen und Ge¬ danken verwenden muß. Die intensive Größe d. i. die Stärke der Auf¬ merksamkeit endlich besteht in der Fähigkeit, das bemerkende Vermögen in uns dem betreffenden Gegenstande in dem Grade zuzukehren, als das für den Zweck des Aufmerkenden erforderlich ist. Auf die Intensität der Aufmerksamkeit hat besondern Einfluß die unmittelbar vorangehende Thätigkeit: dieses findet sich z. B. wenn man den Tag bloß mit spielender Beschäftigung zugebracht hat, und nun des Abends einer anstrengenden Arbeit sich widmen soll. Die Stärke oder die intensive Größe der Aufmerksamkeit ist vorzüglich dem Genie eigen, dessen wesentliches Erforderniß Originalität, nämlich das Vermögen ist, neue Vorstel¬ lungen zu erfinden, oder doch bekannte in ein neues Licht zu stellen. Ist die Aufmerksamkeit in einem sehr starken Grade dem Gegenstande zugekehrt, derge¬ stalt, daß sie auf weiter nichts achten kann, so entsteht derjenige Zustand, den wir Vertiefung nennen, weil dadurch die Merkmale des Gegenstandes sich uns mehr als gewöhnlich enthüllen und wir also tiefer in das Innere des Ge¬ genstandes eindringen. Besonders zur Stärke der Aufmerksamkeit, jedoch auch zum Umfange und zur Ausdaner derselben, gehören noch a) Reizbarkeit: sie besteht in einer habituellen Fertigkeit des Geistes, die Aufmerksamkeit bei einer auch sonst geringen Veranlassung dem Objecte zuzukehren; b) Ruhe und Ordnung; sie besteht in dem gelassenen und geregelten Bemerken des Einen nach dem Andern und der gehörigen Verbindung des Einen mit dem Andern; c) Abhängigkeit vom Willen: sie besteht in der Fertigkeit, das bemerkende Vermögen immer in Bereitschaft und zu Gebote zu haben und zwar so lange, als das für die Zwecke der Beobachtung erforderlich ist. Die Herrschaft über die Aufmerksamkeit ist leichter, wenn es sich darum handelt, sie auf einem bestimmten Sinngebiete, z. B. des Sehens oder des Hörens, gar nicht wirken zu lassen, als ihr darauf zwar eine Wirksamkeit zu gestatten und dann über sie willkürlich zu gebieten. So wird es leichter, die Gesammtheit eines großen Lärmens zu überhören, indem man sich in die Beschäftigung anderer Sinne vertieft, als bei dem Lauschen auf einem einzelnen Ton den objectiv star¬ kern Eindruck dem schwächern aufzuopfern. Im letzten Falle ist das Ohr einmal in Thätigkeit gebracht, welches nun seiner normalen Wirkungsweise folgt. Die angegebenen Vollkommenheiten der Aufmerkfamkeit, welche sich übrigens wohl selten mit einander vereinigt finden, am seltensten die intensive und protensive Größe derselben, sind nun die Zwecke, welche von dem zu erstreben sind, der