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N. 75). Und ohne den ersten Satz des § 138 cit. wüßten wir
wohl auch, daß es Potestativbedingungen gibt, denn auch für
uns hat Windscheid geschrieben. Solche Paragraphen sind
für alle Mängel des Entwurfs geradezu typisch. Woher
stammt seine theoretisirende Richtung die ihm eine über
wiegend aus den vorzüglichsten deutschen Praktikern zusammen
gesetzte Commission verliehen hat? M. E. lediglich aus dem
theoretischen Dilettantismus. Ohne Theorie kein brauchbares
Gesetz. Die Männer der Praxis mußten sich bequemen, die
ungewohnten Pfade abstracten Denkens zu betreten. Gewiß
thaten sie dies nicht ohne Erfolg. Aber ohne gewisse Kinder
krankheiten ging es nicht ab. Die schlimmste derselben ist das
selbstgefällige Wiedergeben von Gedankengängen und Wahrheiten,
zu denen man auf mühevolle Weise gelangte, mit deren Hilfe
man die Antwort auf die legislatorischen Fragen sucht, die
aber nicht diese Antwort sind, welche allein in das Gesetz ge
hört, — das Unvermögen, stets nur das zu sagen, worauf es
ankommt. Das Ueberflüssige aber ist in Gesetzen selten ganz
indifferent. Abgesehen von seinem verwirrenden Einfluß auf
die spätere Interpretation, bindet sich der Gesetzgeber selbst
durch vorangestellte Principien und Theorien die Hände. Das
unausgesprochene Princip gleicht dem Leitstern des Schiffers
dem er mit Vernunft und Ueberlegung folgt, das ausgesprochene
der Strömung, die ihn wider Willen ergreift und festhält.