Full text: Bozi, Alfred: ¬Die Angriffe gegen den Richterstand

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Agerius behauptet, in der Beschwerdeinstanz ohne sorgsame 
Prüfung das Hauptverfahren zu eröffnen, so verdient dies 
zweifellos schärfsten Tadel. Andererseits kann hier von einem 
Kampfe der unteren Instanzen gegen die oberen nicht wohl 
die Rede sein. Jede Instanz hat von Fall zu Fall zu ent 
scheiden, und wenn das Landgericht bei der Entscheidung 
über die Eröffnung des Hauptverfahrens sich seiner Prüfungs 
pflicht, ob der Angeklagte in Gemäßheit § 201 R.=Strf.=Prz. 
sei, 
Ordng. einer strafbaren Handlung hinreichend verdächtig 
in Rücksicht auf die Beschwerdeinstanz ein für alle mal be 
geben haben sollte, so wirft das auf die Charakterstärke der 
betheiligten Richter ein bedenkliches Licht. Es braucht nicht 
hervorgehoben zu werden, daß in dem berührten Falle der 
die richterliche Entscheidung bestimmende Begriff des hin 
reichenden Verdachts ein sehr dehnbarer ist; er läßt dem 
subjektiven Ermessen den breitesten Spielraum. Es wird sich 
daher schwer nachweisen lassen, welche von zwei entgegen 
gesetzten Entscheidungen auf sorgfältigerer Prüfung beruhe. 
Aus dem Mangel schriftlicher Gründe kann auf die unter 
lassene Prüfung jedenfalls nicht geschlossen werden, da in 
Gemäßheit §§ 34, 202 Abs. 1, 209 R.=Strf.-Prz.=Ordng. 
nur der Beschluß mit Gründen zu versehen ist, welcher die Er 
öffnung ablehnt, nicht aber der Beschluß der Beschwerde 
instanz, nach welchem dem Antrage der Staatsanwaltschaft 
entsprechend das Strafverfahren eröffnet wird. Jedenfalls 
bleibt das geschilderte Verfahren eine Einzelerscheinung, und 
nichts berechtigt, in ihr ein Symptom dafür zu erblicken 
daß die höheren Instanzen den Anträgen der Staats 
anwaltschaft gegenüber es im Allgemeinen an sorgfäl 
tiger Prüfung fehlen lassen, oder daß, wenn es der Fall 
damit auch die Kritik der unteren Instanzen gelähmt wäre. 
Den angeblich in Berlin herrschenden Mißständen stehen 
vielmehr in den Provinzen Landgerichte genugsam gegenüber 
bei denen jeder Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens 
sorgfältig geprüft wird, und bei denen auch die Zurückweisung 
staatsanwaltlicher Anklagen durchaus nicht zu den Selten 
heiten gehört.
	        
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