Full text: Practische Erörterungen aus allen Theilen der Rechtsgelehrsamkeit (6)

13 
sprünglichen deutschen Gesetzen und Gewohnheiten, welche 
mit den Longobarden und Franken in die italienischen 
Lehnhöfe zu Mailand, Cremona, Piazenza u. s. w. über 
gegangen waren. Es ließ daher nur die in rechtmäßiger 
Ehe erzeugten oder gebornen Kinder zur Lehnsfolge, und 
schloß die natürlichen, folglich alle unehelichen Kinder von 
derselben gänzlich in der Maße aus, daß sie weder allein, 
noch mit andern (ehelichen) Kindern zur Lehnserbfolge gelan 
gen sollten. Naturales filii, licet postea fiant legi 
timi, sagt der alte Feudist, ad successionem feudi nec soli, 
nec cum aliis admittuntur! *) Er kannte sehr wohl die 
Vorschriften des römischen und canonischen Rechts, deren 
Studium und Cultur gleichzeitig mit der Wissenschaft des 
Lehnrechts im XII. Jahrhundert in Italien aufblüheten 12) 
und ihm konnten folglich die verschiedenen Arten der Legiti 
mation nicht unbekannt seyn. Gleichsam ahnend, daß den 
noch die alten Lehnsgesetze, und in den Lehnhöfen unverrückt 
beibehaltenen Gewohnheiten, durch jene verdrängt werden 
könnten, setzte er die merkwurdigen Worte: licet postea 
fiant legitimi, hinzu, um zu bestimmen, daß alle ausserehe 
lichen Kinder, möchten sie auch nachher auf welche Weise 
es wolle legitimirt seyn, allgemein von der Lehnserbfolge 
auszuschließen wären. Was der Feudist erwartet haben 
mochte, trat in der Folge, wenn gleich einige Jahrhunderte 
später, wirklich ein. Im XVI. Seculo erhob sich der 
Kampf, über den Sinn des obigen Lehnstextes, unter den 
Rechtsgelehrten, der bisjetzt unentschieden fortgedauert 
hat. Die damaligen Juristen, welche über das Stu 
dium des römischen und canonischen Rechts die deut 
schen Rechte und longobardischen Lehnsgesetze fast ganz ver 
gessen, 
11) II. F. 26. §. 10. 
12) König Lehrb. der jurist. Literatur §. 224.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer