Full text: Marx, Ferdinand: ¬Die Fürsorge der Herrschaft für ihr krankes Gesinde nach der preuß. Gesindeordnung vom 8. November 1810 und dem Bürgerlichen Gesetzbuche

- 31 
C. Abschließende Erörterungen. 
§ 14. 
Die öffentliche Fürsorge für das Gesinde. 
Die Behandlung der privatrechtlichen Fürsorge für das Gesinde soll 
nicht geschlossen werden, ohne der dem Gesinde zuteil werdenden öffent 
lichen Fürsorge kurz zu gedenken. 
1. Der Pflicht der Ortsarmenverbände, sich des verlassenen 
Gesindes anzunehmen, wurde bereits oben S. 23 Erwähnung getan. 
2. Das Krankenversicherungsgesetz (vom 15. 6. 1883, ab 
geändert durch Gesetz vom 10. 4. 1892) findet an sich auf das Gesinde 
keine Anwendung; aber es ist berechtigt, der Gemeindekrankenversicherung 
der Gemeinde, in deren Bezirk es beschäftigt ist, beizutreten (§ 4 d. Ges.). 
Durch statutarische Bestimmung der Ortskrankenkassen können ihm auch 
diese zugänglich gemacht werden (§ 26 a Abs. 2 Nr. 5). Dagegen können 
die Dienstboten der Versicherungspflicht auch durch Statut nicht unter 
worfen werden.*) Indessen ist die Landesgesetzgebung gemäß § 133 
des Gesetzes vom 5. 5. 1886 betr. die Unfall- und Krankenversicherung 
der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen 
berechtigt, das landwirtschaftliche Gefinde der Krankenversicherungs 
Es finden dann die Vorschriften des Kranken 
pflicht zu unterwerfen. 
mit einigen Änderungen (s. §§ 133 ff. des zit. 
versicherungsgesetzes — 
Ges. 
Preußen hat von der durch den § 133 einge 
— Anwendung. 
räumten Befugnis keinen Gebrauch gemacht. — Der Einfluß der Versicherung 
auf die Fürsorgepflicht gestaltet sich verschieden, je nachdem die Beiträge 
entweder vom Gefinde oder von der Herrschaft oder von beiden zusammen 
aufgebracht werden. 
a) Leistet das Gefinde allein die Beiträge, so hat die Versicherung 
auf die Fürsorgepflicht der Herrschaft gar keinen Einfluß.?) Den Intentionen 
des Gesetzes würde es aber nicht entsprechen, wenn sich das Gesinde durch 
diese selbstgenommene Versicherung bereicherte. Andererseits soll aber auch 
die Herrschaft von einer derartigen Versicherung keinen Vorteil haben. 
Das Gesinde kann sich daher sowohl an die Kasse wie an die Herrschaft 
halten, stets jedoch nur insoweit, als es wegen seiner Ansprüche noch 
nicht befriedigt ist;*) ferner geht der Anspruch des Gefindes gegen die 
Herrschaft insoweit auf die Kasse über, als letztere dem Gefinde Unter 
stützung gewährt hat (§ 57 Abs. 4 d. Ges.). Der Wert einer derartigen 
Selbstversicherung des Gesindes beschränkt sich auf die Fälle, wo die 
*) Entsch. d. Oberverwaltungsgerichts Bd. 16 S. 364. 
2) s. oben S. 18. Der § 617 Abs. 2 BGB. findet auf das Gesinderecht keine 
Anwendung, oben S. 14. 
2) So auch Jacoby S. 144; Nußbaum S. 52; Gerhard I S. 120.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer