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würde als das durch den Dienst mit eigener Schuld erkrankte, eine
Unterscheidung, die der Gesetzgeber zweifellos nicht beabsichtigt habe.
2. Im Bürgerlichen Gesetzbuche wird die Fürsorgepflicht
durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit') des Gefindes ausgeschlossen, im
Falle der leichten Fahrlässigkeit dagegen nicht.
Ist demnach im Falle des § 86 eine Krankheit durch leichte Fahr
lässigkeit vom Gesinde verschuldet, so hat die Herrschaft für Kur und
Verpflegung zu sorgen. Der Anspruch hierauf ist nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch aber nur für 6 Wochen begründet. Mit deren Ablauf oder
der früheren Beendigung der Dienstzeit hört somit auch im Falle der
leichten Fahrlässigkeit die Fürsorgepflicht der Herrschaft auf.
Nicht anders ist die Rechtslage im Falle der §§ 88 und 89 für
die ersten 6 Wochen. Hier gilt das Bürgerliche Gesetzbuch, weil es das
Gesinde insofern günstiger stellt, als Regreßansprüche der Herrschaft ausge
schlossen sind.
Für die 6 Wochen übersteigende Krankheitszeit aber, sowie bei Vorsatz
oder grober Fahrlässigkeit von Beginn der Krankheit an, tritt die Für
sorgepflicht nach §§ 88 und 89 in dem früher geschilderten Umfange ein.
§ 8.
Der Dienstlohn während der Krankheit.
Der Dienstlohn ist bei dem Gefindedienstvertrage, soweit nicht etwas
anderes vereinbart ist, erst nach der Leistung der Dienste zu entrichten.
Dieser im BGB. (§ 614) ausdrücklich ausgesprochene Satz hatte auch
schon für den Gesindedienstvertrag allgemeine Anerkennung gefunden.*
Der Dienstbote ist danach zur Vorleistung verpflichtet und hat nach den
allgemeinen Bestimmungen über gegenseitige Verträge nur dann einen
Anspruch auf Lohn, wenn er die Dienste wirklich leistet. Von dieser
Regel sind jedoch sowohl nach der Gesindeordnung als nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuche — zum Schutze des wirtschaftlich Schwächeren
mehrfach
abweichende Bestimmungen getroffen. — Vor deren Erörterung sei darauf
hingewiesen, daß etwaige Ansprüche des Gefindes gegen eine Versicherung
auf Krankengeld aus einer selbst genommenen Versicherung die Pflichten
der Herrschaft nicht berühren, da dieses eine Fürsorge ist, die sich das
Gefinde aus eigener Initiative verschafft hat.
„Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer
acht läßt" (§ 276). Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist im Gesetze nicht
definiert. Es wird also im einzelnen Falle zu entscheiden sein, ob die Verletzung
der Sorgfalt besonders schwer erscheint. Dies wird stets der Fall sein bei Er
krankungen infolge unsittlicher Exzesse, Alkoholmißbrauch, Raufhandel (Kuhlen
beck I zu § 617, 6 S. 501).
* vgl. Lindenberg 5. Aufl. S. 91.
*) Gerhard I S. 124: s. unten S. 31.