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II. Da das Gesinderecht der Landesgesetzgebung vorbehalten ist, so
ist diese auch berechtigt, den Begriff des Gefindes neu zu ordnen. Hieraus
folgert Jastrow,*) daß sie Personen aller Art, welche in fremden Diensten
stehen, selbst akademisch gebildete Güterdirektoren, dem Gefinderecht unter
stellen könne. Dem ist indessen nicht beizupflichten. Das Landesrecht hat
hierbei diejenigen Grenzen zu wahren, welche nach dem allgemeinen Sprach
gebrauche für den Begriff des Gesindes zur Zeit des Inkrafttretens des
Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend waren. Es muß ferner diejenigen
Personen, für die die Reichsgesetzgebung*) bereits besondere Bestimmungen
getroffen hat, ausschließen.*) Insbesondere bezieht sich dies auf die zur
Leistung von Diensten höherer Art Angestellten: Indem das Bürgerliche
Gesetzbuch sie (§ 622) von anderen Dienstverpflichteten unterschieden hat,
hat es sicherlich nicht gewollt, daß dieser Unterschied durch die Landes
gesetze zu ihrem Nachteile geändert werde.") Ohne diese Grenzen würden,
wie Fuld mit Recht bemerkt, die Einzelstaaten in der Lage sein, die aus
sozialpolitischen Gründen seitens der Reichsgesetzgebung durchgeführte Ver
besserung des Arbeits- oder Dienstvertrages einfach dadurch illusorisch zu
machen, daß sie die Zugehörigkeit der betreffenden Personen zu dem Gesinde
kurzerhand dekretierten.
III. Zwischen dem Gesinde und den zu Diensten höherer Art An
gestellten*) standen nach dem allgem. Landrecht*) die Hausoffi
zianten. Es waren dies, wie bereits erwähnt, Personen, welche eine
mehr intellektuelle Tätigkeit im Dienste zu entwickeln haben, insbesondere
auch die Aufsicht über das gemeine Gesinde führen,') z. B. die Inspektoren,
Rentmeister, Haushofmeister. Sie unterstanden dem Gesinderecht, ohne
indessen zu dem Gesinde zu gehören.*) Da das Bürgerliche Gesetzbuch
ihrer keine Erwähnung getan hat, ist der Begriff jetzt ohne Bedeutung
und unterstehen die Hausoffizianten den Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs.?)
Soziale Praxis 6. Jahrg. S. 1254.
So für Handlungsgehilfen und -lehrlinge, Gewerbegehilfen und -lehrlinge.
Crusen=Müller S. 191; Gerhard 1 S. 8.
Fuld, Arch. f. öffentl. Recht XIV S. 98.
3) § 186 II 5 ALR.
§ 187 eod. 1.
Dernburg, Preuß. PrivR. II S. 570.
A. A. Niedner, Einführungsgesetz S. 170, der die Hausoffizianten be
grifflick
zum Gesinde rechnet und die besonderen Bestimmungen über sie noch gelten
lassen will.
Für Preußen sind die Vorschriften über die Hausoffizianten durch Art. 89, 1c
des Ausführungsgesetzes ausdrücklich beseitigt. Vgl. hierzu Materialien d. preuß.
Ausführungsgesetzes S. 282.