Full text: Marx, Ferdinand: ¬Die Fürsorge der Herrschaft für ihr krankes Gesinde nach der preuß. Gesindeordnung vom 8. November 1810 und dem Bürgerlichen Gesetzbuche

5 
II. Da das Gesinderecht der Landesgesetzgebung vorbehalten ist, so 
ist diese auch berechtigt, den Begriff des Gefindes neu zu ordnen. Hieraus 
folgert Jastrow,*) daß sie Personen aller Art, welche in fremden Diensten 
stehen, selbst akademisch gebildete Güterdirektoren, dem Gefinderecht unter 
stellen könne. Dem ist indessen nicht beizupflichten. Das Landesrecht hat 
hierbei diejenigen Grenzen zu wahren, welche nach dem allgemeinen Sprach 
gebrauche für den Begriff des Gesindes zur Zeit des Inkrafttretens des 
Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend waren. Es muß ferner diejenigen 
Personen, für die die Reichsgesetzgebung*) bereits besondere Bestimmungen 
getroffen hat, ausschließen.*) Insbesondere bezieht sich dies auf die zur 
Leistung von Diensten höherer Art Angestellten: Indem das Bürgerliche 
Gesetzbuch sie (§ 622) von anderen Dienstverpflichteten unterschieden hat, 
hat es sicherlich nicht gewollt, daß dieser Unterschied durch die Landes 
gesetze zu ihrem Nachteile geändert werde.") Ohne diese Grenzen würden, 
wie Fuld mit Recht bemerkt, die Einzelstaaten in der Lage sein, die aus 
sozialpolitischen Gründen seitens der Reichsgesetzgebung durchgeführte Ver 
besserung des Arbeits- oder Dienstvertrages einfach dadurch illusorisch zu 
machen, daß sie die Zugehörigkeit der betreffenden Personen zu dem Gesinde 
kurzerhand dekretierten. 
III. Zwischen dem Gesinde und den zu Diensten höherer Art An 
gestellten*) standen nach dem allgem. Landrecht*) die Hausoffi 
zianten. Es waren dies, wie bereits erwähnt, Personen, welche eine 
mehr intellektuelle Tätigkeit im Dienste zu entwickeln haben, insbesondere 
auch die Aufsicht über das gemeine Gesinde führen,') z. B. die Inspektoren, 
Rentmeister, Haushofmeister. Sie unterstanden dem Gesinderecht, ohne 
indessen zu dem Gesinde zu gehören.*) Da das Bürgerliche Gesetzbuch 
ihrer keine Erwähnung getan hat, ist der Begriff jetzt ohne Bedeutung 
und unterstehen die Hausoffizianten den Vorschriften des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs.?) 
Soziale Praxis 6. Jahrg. S. 1254. 
So für Handlungsgehilfen und -lehrlinge, Gewerbegehilfen und -lehrlinge. 
Crusen=Müller S. 191; Gerhard 1 S. 8. 
Fuld, Arch. f. öffentl. Recht XIV S. 98. 
3) § 186 II 5 ALR. 
§ 187 eod. 1. 
Dernburg, Preuß. PrivR. II S. 570. 
A. A. Niedner, Einführungsgesetz S. 170, der die Hausoffizianten be 
grifflick 
zum Gesinde rechnet und die besonderen Bestimmungen über sie noch gelten 
lassen will. 
Für Preußen sind die Vorschriften über die Hausoffizianten durch Art. 89, 1c 
des Ausführungsgesetzes ausdrücklich beseitigt. Vgl. hierzu Materialien d. preuß. 
Ausführungsgesetzes S. 282.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer