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„nicht kundbar und notorisch sind, hält man mehr pro rebus facti
„als juris." Vgl. auch Archiv f. civ. Praxis Bd. I S. 28 Note 1.
Daraus läßt sich nämlich schließen: Wenn Thatsachen als Nova
gelten, so müssen Gewohnheits- und Partikularrechte, welche den That
sachen gleichgeachtet werden, ebenfalls als Nova gelten.
Seuffert, Commentar Bd. IV S. 184 Note 16. Seuffert,
Archiv Bd. XI S. 314. Churh. Zeitschr. S. 175. Gönner, Motive
zum Entwurf eines Gesetzbuches für Bayern B. IV c. 3 §. 1.
Mittermaier a. a. O. Bd III. S. 76 Note 25 will wegen
neuaufgefundener Statutarrechte keine Restitution zulassen, weil die
Partei, wenn sie das Statut nicht kannte, auch nicht unter Voraus
setzung desselben das Rechtsverhältniß eingehen konnte. Allein darin
liegt eine ungegründete Strenge: es können z. B. die Vorfahren unter
Voraussetzung des Statutes das Rechtsverhältniß eingegangen haben;
und im Laufe der Zeit gieng die Kenntniß des Statutes verloren, bis
die jetzige streitende Partei durch einen glücklichen Zufall wieder in
den Besitz dieser Kenntniß gelangte.
Das Recht ist entweder von dem Landesherrn öffentlich promul
girt oder nicht. Das promulgirte Recht bildet, auch wenn es sich
nur auf eine einzelne Corporation beziehen sollte, öffentlich kundbares
Recht; es bedarf keines Beweises, und ist also auch keine res facti.
Archiv für civ. Praxis Bd. IV S. 131.
Unter Umständen können aber auch promulgirte Gesetze bewiesen
werden müssen, und so die Natur von Thatsachen annehmen. Es
können nämlich durch geschichtliche Ereignisse und Territorialveränder
ungen viele promulgirte Gesetze in Vergessenheit gerathen.
Die Gerichtsordnung nennt zwar nur die Particularrechte als
neue Thatsachen, aber auch die promulgirten Gesetze eines früher selbst
ständigen Territoriums gehören unter diese Categorie, wenn die von
der Gerichtsordnung aufgestellte Bedingung, unter welcher sie die
Particularrechte den Thatsachen beizählt, nämlich die Nothwendigkeit
der Beweisführung, vorhanden ist. (Seuffert Com. Bd. III.
S. 23.)