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wendig es ist, gegen die Agitation der Sozialdemokratie energisch Front
zu machen, darf ich auf eine Leistung eines der leitenden Organe der
sozialdemokratischen Partei, der Schönlank'schen „Leipziger Volkszeitung",
aufmerksam machen. (Nr. 254, 2. November.)
Jeder der Leser der „Kreuz=Zeitung“ kann mich dahin kontrolliren,
daß ich einerseits gefordert habe: eine konsequente Fortsetzung der bis
herigen deutschen Sozialpolitik, — andererseits: daß die sozialdemo
kratischen Führer nach Bismarck'schen Rezepten mit scharfer Hand an
gefaßt werden.
Ich habe zusammenfassend in Nr. 506 vom 27. Oktober 1899 gesagt:
„ich will die Arbeiter stärken, soweit sie allzu starken Unternehmern gegen
überstehen, die Arbeitgeber stärken, wo sie allzu starken Arbeiterverbänden gegen
überstehen, und wo das Feuer brenut, gleich die Feuerspritze in der Gestalt der
staatlichen Organe zur Hand haben . .. also die zentrale Gewalt stärken zu
gleich mit der Stärkung der Glieder.
„Allerdings meine ich, daß die sozialdemokratischen Führer nach Bismarck'schen
Rezepten mit scharfer Hand angefaßt werden müssen, und daß neben dieser Re
pression eine Organisation der nichtsozialdemokratischen Arbeiterschaft durch die
Initiative des Staats eintreten soll.
„Ich hoffe, daß mit der Zeit ein solches Programm, das eine konsequente
Fortsetzung der bisherigen deutschen Sozialpolitik wäre, sich Anerkennung und
Existenz in Deutschländ erringen wird.
„Ist der Gedanke denn wirklich so fernliegend, auch diese Seite des Arbeits
verhältnisses in der in den 80er und 90er Jahren angeschlagenen Weise zu
regeln?" S. 44.)
Es ist also doch ganz klar, daß ich ganz im Sinne sowohl der
Kaiserlichen Botschaft von 1881 und insbesondere der Aktion seit 1890
nicht bloß Repression sozialistischer Ausschreitungen, sondern Förderung
des Wohls der Arbeiter durch sozialpolitische Maßregeln verlange, welche
eine konsequente Fortbildung der Arbeiterschutz=Gesetzgebung sind.
Der Hauptnachdruck liegt durchaus auf der Verleihung von Schutz
und Recht an die Arbeiter. Der leitende Gesichtspunkt ist immer
der, sie von den Agitatoren wegzuschneiden, nicht etwa der andere, unter
Nichtberücksichtigung und ohne Förderung der Interessen, welche die
moderne Arbeiterschaft hat, bloß die sozialdemokratische Agitation zu
unterdrücken.
Wie giebt nun aber die „Leipziger Volkszeitung“ diese meine Aus
führungen wieder! Sie schreibt: ich wolle die „Arbeitgeber stärken, wo
sie allzu starken Arbeiterverbänden gegenüberstehen und wo das Feuer
brennt, gleich die Feuerspritze in der Gestalt der staatlichen Organe zur
Hand haben."
Die „Volkszeitung“ läßt also einfach meine erste Forde
rung: „Ich will die Arbeiter stärken, soweit sie allzu starken
Unternehmern gegenüberstehen“ fort.