1. Capitel. Von den Obligationen überhaupt.
§. 217.
349
begründet, entkräftet wird“ Vermöge einer der Klage entgegenstehenden
perpetua exceptio kann jedoch eine Obligatio auch völlig kraftlos seyn, so
daß auch eine naturalis obligatio nicht übrig bleibt. Dies ist regelmäßig
dann der Fall, wenn die Exceptio selbst nur die naturalis aequitas gegen
das strenge Recht aufrecht erhalten soll, indem sie eben geltend macht,
daß jener gemäß keine Verbindlichkeit vorhanden sey"; aber auch dann?
wenn die Exceptio zwar auf besonderer positiver Rechtsvorschrift beruht,
diese aber die Forderung völlig zu vereiteln, den Schuldner seiner Ver
pflichtung gänzlich zu entbinden bezweckt'. In solchen Fällen ist denn
in Wahrheit gar keine Schuldverbindlichkeit vorhanden"; die Obligatio
ist inefficax oder inanis, quasi nulla"; sie kann nur dadurch wieder
Wirksamkeit erlangen, daß das auxilium exceptionis, welches dieser ent
gegensteht, aus irgend einem Grunde wegfällt:
Anm. 1 Savigny I. S. 37. behauptet zwar, daß die Unterscheidung zwischen
actiones civiles und honorariae nur nachlässiger Weise in einigen Stellen auf die
Obligationen übertragen worden sey, nach richtigem Sprachgebrauch aber jede klagbare
Obligatio civilis obligatio genannt und überall nur von civilis obl. mit actio civilis
oder honoraria gesprochen werden sollte. Aber vgl. dagegen Scheurl in d. Heidelb.
krit. Ztschr. I. S. 504. Practisch kommt auf diese Unterscheidung freilich nichts an. —
Das römische Recht macht übrigens noch mehrere andere Unterscheidungen rücksichtlich der
Klagen aus Obligationen; insbesondere tritt gerade hier der Unterschied zwischen stricti
juris und bonae fidei actiones bedeutend hervor, wornach man auch obligationes stricti
iuris und bonae fidei unterscheiden kann; aber dieser Unterschied, so wichtig er ist für
richtige Erkenntniß des römischen Rechts, hat, wie andere, eine unmittelbar practische
Bedeutung heutzutage nicht mehr. Vgl. §. 100. Puchta §. 236.
2 Darüber: A. D. Weber, syst. Entwickelung der Lehre v. d. natürlichen Ver
bindlichkeit und deren gerichtlicher Wirkung. Schwerin 1784. 5. Aufl. 1811. —
Christiansen zur Lehre von der naturalis obligatio und condictio indebiti. Kiel 1844.
Savigny Obl. I. §. 5...14., und dazu Brinz krit. Bl. Nr. 3. Scheurl a. a. O.
S. 501. fg. — Holtius' Abh. civilistischen und handelsrechtlichen Inhalts, übersetzt von
Sutrio. Utrecht 1852. Nr. 1. — Bekker im Jahrb. d. gemeinen Rechts IV. 13.
Schwanert die Naturalobligationen des römischen Rechts. Göttingen 1861.
3 „Das naturale debitum ist zahlbares, erfüllbares, nicht klagbares, die naturalis
obligatio eine erfüllbare, nicht klagbare." Brinz a. a. O. S. 48. Schwanert a. a. O. S. 222.
4 L. 16. §. 4. D. 46. 1. Naturales obligationes non eo solo aestimantur, si
actio aliqua earum nomine competit, verum etiam cum soluta pecunia repeti non
potest (darüber Schwanert S. 83. fg.). L. 7. D. eod. Quod enim solutum repeti
non potest, conveniens est huius naturalis obligationis fideiussorem accipi posse.
r L. 9. §. 4. D. ad Sc. Maced. 14. 6. L. 19. pr. D. de cond. indeb. 12. 6. — L. 8. 9.
D. eod. — cf. L. 3. §. 7. D. quod quisque iur. 2. 2.* L. 66. D. de R. J., z. B. Dig. de doli
mali et met. exc. 44. 4. t L. 2. D. ad Sc. Vell. 16. 1. L. 40. pr. D. de cond. indeb.
cf. L. 9. §. 4. cit. in f. — fragm. Vat. §. 266. u L. 3. §. 1. D. de pec. const. 13. 5. L. 26.
§. 3. D. de cond. indeb. 12. 6. cf. L. 55. 112. D. de R. J. y L. 8. §. 9. D. ad Sc. Vell. L. 13.
D. de iure dot. 23, 3. " L. 25, D. de V. O. 45. 1. 2 L. 95, §. 2. D. de solut. 46. 3. —
L. 27. §. 2. L. 32. D. de pact. 2. 14. L. 13. D. de lib. leg. 34, 3.