III. Buch. Von den Obligationen.
§. 215.
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denselben auch wegen des Restes noch in Anspruch zu nehmen, verlustig
zu werden". Er kann aber meistentheils auch wider Willen zur Theilung
seines Anspruchs genöthigt werden durch eine Einrede des belangten
Schuldners, welche dahin geht, daß er gleichmäßig auch die übrigen
Schuldner, soweit sie zahlungsfähig sind, in Anspruch nehme. Dieses
beneficium divisionis ist zuerst mehreren Bürgen für dieselbe Schuld
eingeräumt", sodann auch für andere Fälle solidarischer Haftung mehrerer
Personen anerkannt“, und zuletzt namentlich auch auf den Fall einer
durch ausdrückliche Verabredung begründeten solidarischen Verpflichtung
ausgedehnt worden“. Die Wirkung davon ist die, daß die ganze Schuld
auf alle zahlungsfähigen und mit Erfolg zu belangenden Mitschuldner
vertheilt, und der einzelne Beklagte nur für seinen Antheil verurtheilt,
oder, wenn er diesen bereits gezahlt hat, freigesprochen wird, auch wegen
des Restes nicht mehr haftet, wenn der Gläubiger den übrigen zur Zeit
zahlungsfähigen Mitschuldnern noch weitere Nachsicht vergönnt hatk. Diese
Rechtswohlthat findet jedoch nicht statt, wenn die solidarische Verpflichtung
durch Vergehen begründet ist oder auf letztwilliger Verfügung beruht, und
fällt weg, wenn darauf verzichtet worden ist.
Anm. Die Nov. 99. (not. e.) hat zu den abweichendsten Meinungen Anlaß ge
geben. Vgl. darüber Vangerow III. §. 573. Anm. 4. Die im Text angenommene hat
die Autorität der meisten Rechtsgelehrten und eine sehr constante Praxis für sich, ist mit
dem Inhalt der Novelle wohl vereinbar, und entspricht dem allmähligen Entwicklungs
gange des R. Rechts in dieser Lehre. Puchta §. 235. Anm. o. „Daher,“ sagt Puchta
Vorles. II. S. 37., sachlich richtig, obwohl in ungebührlich absprechendem Tone, „ist kein
Grund vorhanden, von der gemeinen Meinung abzugehen, die auch hier richtiger den Geist
des Gesetzes getroffen hat, als die ängstlichen geistlosen Worthelden", aber dazu S. 36.
„Doch muß man auch hier noch diejenigen Correalschuldner, welche dies durch Testament
geworden sind, ausnehmen; in diesem Falle wäre die Exceptio gegen den Willen des
Erblassers, welchem sich die Verpflichteten nicht widersetzen dürfen;“ wogegen selbst die
Zulässigkeit einer analogen Anwendung der Novelle auch auf diesen Fall behauptet wird
von Rückert (de exceptione quam vocant divisionis, Göttingen 1852. vgl. Linde's Ztschr.
n. F. XII. S. 55.). Indessen vertheidigt auch Savigny §. 26. wieder eine andre Aus
legung, wornach die Novelle nur auf solche Correalschuldner, die sich zugleich noch wechsel
seitig verbürgt haben, zu beziehen wäre (arg. Juliani epit. nov. 92.), wornach denn
freilich dem Verfasser selbst (S. 286.) das Gesetz „ganz und gar nicht von practischer
Wichtigkeit“ scheint, „da das verwickelte Rechtsgeschäft, welches das Gesetz voraussetzt,
nur sehr selten vorkommen“ werde, obwohl doch nicht zu läugnen ist, daß solche wechsel
seitige Verbürgung bei der Correalobligation immerhin nicht ohne practische Bedeutung
wäre, rücksichtlich der Haftung wegen Mora und nach der Ansicht Mancher auch wegen
b L. 8. §. 1. D. de legat. 1. L. 16. Cod. de fideiuss. 8. 41. cf. L. 51. §. 4. D. eod. 46. 1.
c §. 4. J. de fideiuss. 3. 20. L. 26. D. eod. 46. 1. cf. Gai. III. 21. L. 3: Cod. de pec. const. 4. 18.
d L. 1. §. 11. 1°. 14. D. de tut. act. 27. 3. cf. L. 7. D. de mag. conv. 27. 8. L. 7. D. de fideiuss.
tut, 27. 7. L. 3. Cod. de mag. conv. 5. 75. cf. L. 22. D. depos. 16. 3. L. 47. D. locati. 19. 2.
e Nov. 99. f cf. L. 39. §. 5. L. 41. 45. 53. D. de adm. 26. 7.