Geschichtliche Einleitung 9.
In den älteren Quellen des sächsischen Privatrechtes finden sich
nur vereinzelte, in keinem inneren Zusammenhange stehende Vorschriften
über das Pfandrecht, durch welche das, im Uebrigen als Rechtsquelle
geltende gemeine Recht abgeändert wurde. Indessen ersehen wir daraus
doch, wie schon in den ältesten Zeiten in den Ländern des sächsischen
Rechtes der Gerichtsbrauch sich dafür entschieden hatte, daß bei der Be
stellung von Pfandrechten an unbeweglichen Gütern die richterliche
Mitwirkung in gewisser Beziehung erforderlich sei. Die älteste par
ticularrechtliche Bestimmung über die Erfordernisse einer wirksamen
Hypothekenbestellung ist in den Constitutionen Churfürst Augusts vom
Jahre 1572, und zwar in der const. 23. Parte II 2) enthalten, in
welcher, unter Hinweisung auf „einen langwierigen Gebrauch an den
Orten, wo sächsisches Recht gegolten“ —, bestimmt wird, daß die Spe¬
cialverpfändung unbeweglicher Güter, oder auch wenn sie „general und
allgemein auf alle Güter“ gerichtet, vor der Obrigkeit, unter welcher
die Güter gelegen, oder auch dem Lehnsherrn in sinuirt werden müsse,
sonst aber unkräftig sei. Indessen waren nach der const. 23 die
ohne die obrigkeitliche Insinuation bestellten Pfandrechte wenigstens den
Erben des Bestellers gegenüber insoweit gültig, daß letztere das ver
pfändete Grundstück von dem Pfandgläubiger nur gegen Erlegung des
Pfandschillings zurückfordern konnten3). Neben den gerichtlich consti
1) Vergl. Haubold, Lehrbuch des sächs. Privatrechtes, 3. Ausg. § 201 fg
Curtius, Handbuch des im Königreiche Sachsen geltenden Civilrechtes, § 1053 fg.
Schmidt, Vorlesungen über das in dem Königreiche Sachsen geltende Privatrecht
Bd. 1 S. 261 fg.
2) Cod. Augusteus, Tom. I. S. 73—138.
3) Bis zum Eintritt des Gesetzes vom 6. November 1843 galt in Sachsen der
gemeinrechtliche Grundsatz, daß der Hypothekengläubiger den Besitz des Pfand
grundstücks zu beanspruchen habe.
Siegmann, Sächsisches Hyp.=Recht.