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er sich durch diesen Glauben wirklich als Spitzbube vom Meineid
abhalten lasse. Sodann aber haben wir bei Lösung dieser Frage
nicht vom Standpunkte des Strolchen auszugehen, sondern von dem
des ehrenhaften Bürgers und der gesitteten Gesellschaft. Mit dem
notorischen Verbrecher verhandeln wir so wie so nur durch das
Strafgesetz, die Polizei, Gericht und Gefängnis.
Wir bleiben also bei unserem Vorschlage bestehen, betonen
jedoch besonders, daß wir damit durchaus nicht gesagt haben wollen.
man müsse sich genau an den hier gegebenen Wortlaut halten.
Was damit gemeint ist, versteht wohl ein jeder, weiß dann jemand
eine bessere Fassung zu bringen, so kann das nur begrüßt werden.
Dieser Eid soll in Zukunft feierlich geleistet werden. Dazu
ist zu fordern:
1. Der Eid wird nach seinem Inhalte und nach seiner Be
deutung, sowie noch die Folgen des Meineides mit Ernst und Würde
erklärt; es wird darauf hingewiesen, welchen Wert die bürgerliche
Ehre und die Achtung der Mitmenschen hat; es werden die Folgen
des Meineides geschildert als: Unfähigkeit ein öffentliches Amt zu
bekleiden, als Zeuge aufzutreten, als glaubwürdiger Mensch zu gelten;
als in gewissem Sinne geächtet in Zukunft in der Gesellschaft
fortleben zu müssen u. s. w. Eine solche Erklärung und Verwahrung
fällt ganz in die amtliche Wirksamkeit des Richters und es wird
darauf ankommen, wie er diese Aufgabe zu lösen versteht.
2. Alle als zur Leistung des Eides geladenen Zeugen empfan
gen diese Erklärung gemeinschaftlich, dann aber tritt ein jeder ein
zeln vor in die Mitte des Kreises und leistet den Eid.
3. Äußer dem oder den anwesenden Richtern ist die Vertretung
der betreffenden Ortsbehörde, zu welcher der Zeuge gehört, an
wesend, als Zeuge des etwa geleisteten Meineides, und zwar hat
möglichst der Bürgermeister mit seiner amtlichen Auszeichnung zu
erscheinen.
4. Der Eid wird nur auf die schweren Kriminalfälle beschränkt;
für leichtere Vergehen, wie für den Zivilprozeß, wird die Ver
sicherung auf Ehrenwort mit Handschlag eingeführt.
5. Die Hinzufügung einer etwa noch für gut befundenen sym
bolischen Erhöhung der Feierlichkeit mit Inschrift u. drgl. bleibt
dem Befinden der mit der Einführung des neuen Eides betrauten
Männern überlassen.