§ 1297.
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I. Auch Zustimmung der Eltern nicht erforderlich.
OLG. Karlsruhe
7. XII. 03. Bad. R. 1904, 162. Das Verlöbnis ist ein familienrechtlicher
Vertrag; solche Verträge gibt es ebenso wie Staatsverträge.
Es ist zwar
ein Vorläufer der Ehe, aber kein Vorvertrag, sonst müßten die Formalitäten
der Eheschließung gewahrt sein. In der Jur. Z. 1901, 217
221 wendet
sich Hellmann gegen die Lehre von der Vertragsnatur des Verlöbnisses.
Nach ihm ist das Verlöbnis kein Rechtsgeschäft, sondern nur ein Inbegriff
tatsächlicher Vorgänge. Die Rechtsfolgen, welche das BGB. an den Bruch
des Verlöbnisses knüpft, erklärt er mit der Annahme eines Delikts. Den
letzten Schritt auf dieser Bahn, das Verlöbnis für ein Delikt zu erklären,
hat bis jetzt noch niemand getan. Dieser Abhandlung ist bereits Goldmann,
Jur. Z. 1901, 432—433 entgegengetreten. Näheres II, 210.
In der Praxis herrscht die Ver
ctragstheorie. OLG. Kiel, Mugd. Falk.
Bd. 4, 352 und die Urteile unter II—IV. Näheres III, 341.
II. Wenn das Gesetz im Falle des § 1312 ausdrücklich Befreiung von
dem dort vorgesehenen aufschiebenden Ehehindernis gestattet, so kann ein
unter der Voraussetzung der Erwirkung dieser Befreiung erteiltes Ehe
versprechen nicht gegen die guten Sitten verstoßen. OLG. Kiel, Mugd. Falk.
Bd. 4, 352.
III. Ein Verlöbnis (also auch der Tatbestand des § 1300 Abs. 1) liegt
nicht vor, wenn vor der Beiwohnung der Mann der Frauensperson ver
spricht, sie zu heiraten, falls die Beiwohnung Folgen haben werde, und wenn
infolge der Beiwohnung ein Kind geboren wird. Zur Zeit der Beischlaf
vollziehung hat nämlich ein unbedingtes Verlöbnis nicht bestanden. OLG.
Frankfurt 25. III. 02. F. Bd. 36, 1902, 145—147. Bedingung ist zulässig,
wie bei jedem Vertrag. Aber ein solches Versprechen ist unsittlich. § 138.
IV. Ist das Verlöbnis eines Minderjährigen von der Genehmigung
seines gesetzlichen Vertreters abhängig? Ja. Folglich können Minderjährige,
die sich verloben, wieder zurücktreten, ohne daß die ihnen nachteiligen Folgen
der §§ 1298—1302 eintreten.
Denn auch in Anbetracht der Wirkungen, die in Verpflichtungen des
einen Verlobten dem andern gegenüber zum Schadensersatze oder zur Heraus
gabe von Geschenken bestehen, liegt kein Grund vor, die Verlöbniserklärungen
Minderjähriger von den allgemeinen Bestimmungen über die Geschäftsfähigkeit,
speziell der §§ 107, 108 auszunehmen.
Die Genehmigung der Verlobung durch den volljährig Gewordenen kann
nur der Verlobten, bezw. wenn dieselbe minderjährig ist, nur ihrem gesetz
lichen Vertreter erklärt werden. OLG. Hamburg 12. XII. 03. II. H. 1904,64.
Mugd. Falk. Bd. 8, 328—329.
Verlöbnis, Erfüllungsort. § 269. Vgl. S. 108 Zeile 32—34.
Hat Beklagter der Klägerin die Ehe versprochen, so ist im vorliegenden
Fall auch ohne weiteres anzunehmen, daß die minderjährige Klägerin dieses
ersprechen angenommen hat.
Der Vater der Klägerin hat die nach § 108 erforderliche Genehmigung
erteilt, indem er im Juli 1900 die Erfüllung des Eheversprechens von dem
Beklagten verlangt hat. OLG. Stettin, Mugd. Falk. Bd. 4, 353.
Die von dem Vormunde erklärte Zustimmung zu dem Verlöbnisse enthält