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Corresp. mit d. Ausl.: B. Mit Großbritannien.
österreichischen Gesetzen zum Richteramt befähigten Kanzleidirector des kaiser
lichen Generalconsulates in London, R. v. Schäffer, welcher während seiner
früheren Dienstleistung in der Levante jahrelang das Richteramt verwaltet
hat, zur Eidesabnahme nach österreichischen Gesetzen zu delegiren, das k. k.
Ministerium des Aeußern bemerkte dazu, daß die eidliche Vernehmung von
Zeugen im Auslande von der dort bestehenden kaiserlich österreichischen
Mission, wenn jene Zeugen österreichische Unterthanen waren, und
eine gerichtliche Abhörung mit zu großen Schwierigkeiten verbunden gewesen
wäre, wohl schon in der Praxis vorgekommen ist, glaubt jedoch, es könne
nur der Entscheidung der österreichischen Gerichtsbehörden überlassen werden.
inwieferne einem solchen vor einer kaiserlichen Gesandtschaft aufgenommenen
Zeugenverhöre oder Eide der Werth eines gerichtsordnungsmäßigen Beweises
in Oesterreich zugestanden werden könnte.
Das k. k. Oberlandesgericht wird beauftragt, das betreffende Gericht
erster Instanz von diesem Stande der Dinge in Kenntniß zu setzen."
Dem böhmischen Oberlandesgerichte wurde mit Justizministerialerlaß
vom 19. September 1865, Z. 7217, bekannt gegeben, daß nach der fest
stehenden englischen Gerichtspraxis weder unter den englischen Gerichten selbst,
noch zwischen englischen und ausländischen Gerichten directe Requisitionen oder
Correspondenzen stattfinden, und Anträge auf Zeugenvernehmung nicht durch
schriftliche Requisition, sondern durch directen mündlichen Vortrag bei Gericht
gestellt werden, zu welchem Ende die Sache in die Hände eines Solicitors
zu legen ist, der das Weitere zu veranlassen hat.
Ein Ansuchen um Recognoscirung
von Handelsbüchern durch
ein englisches Handelsgericht, wurde mit Justizministerialerlaß vom
21. Juli 1869, Z. 8949, mit dem Bemerken zurückgestellt, daß nach der
*) Ein gleicher Erlaß erging am 18. Mai 1860, Z. 6930, an das Oberlan
desgericht in Venedig, unter dem 20. December 1866, Z. 12607, an das tyrol.
vorarlb. Oberlandesgericht.
Aehnliche Erlässe ergingen am 22. August 1867.
Z. 9549, an das kärnthn.
steierm.=krain. Oberlandesgericht, am 30. April 1868, Z. 4689, an das böhm. Ober
landesgericht, am 22. Februar 1869, Z. 2194, an das mährisch-schlesische Oberlan
desgericht, am 14. September 1869,
Z. 11340, an das Oberlandesgericht
in Lemberg, und am 10. September 1870, Z. 10722, an das Krakauer Oberlandes
gericht mit dem Beifügen, daß die Zeugenvernehmung vor einem großbri
tannischen Gerichtshofe nur durch einen von der Parthei hiezu bestellten Anwalt,
welcher die Vernehmung der Zeugen vor dem betreffenden Richter zu beantragen hat,
durchgeführt und niemals im Wege der schriftlichen Requisition bewerkstelliget werden
kann, und daß die Bestellung des Anwaltes zwar, wenn die Parteien darum ansuchen,
durch die k. k. österreichische Botschaft erfolgen kann, welcher jedoch ein angemessener
Geldbetrag zur Honorirung des Anwaltes zur Verfügung gestellt werden müßte; fer
ner, daß wenn der zu Beeidigende österreichischer Staatsangehöriger ist, und
die Streittheile damit einverstanden sind, die Eidabnahme oder Vernehmung
durch das Generalconsulat in London erfolgen kann, daß jedoch die gerichtliche Requi
sition ausdrücklich dahin gestellt sein müßte, daß, insoferne nicht der zum Richteramte
befähigte Kanzleidirector desselben den Eid selbst abzunehmen in der Lage wäre, der
Gerent der Kanzleidirection des Londoner Consulates zur Abnahme des Eides
delegirt werden könne, und daß wegen dieses Falles dem Schreiben eine genaue Jn
struction darüber, welcher Vorgang bei deren Eide zu beobachten ist, beizufügen wäre.