Full text: Reuling, Wilhelm: ¬Die norddeutsche Gewerbeordnung und die hessische Gewerbegesetzgebung

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hinausgehenden weiteren Verpflichtung belastet wird, geht evident hervor, 
daß der Geschäftsbetrieb innerhalb des eigenen Wohnorts des Hau 
sirenden ebenfalls unter den „Hausirhandel" und damit unter die be 
schränkenden Bestimmungen dieser Verordnung fällt *). 
Nach §. 55 und bezw. nach dem bereits besprochenen §. 42 der 
Gewerbeordnung (siehe Seite 49, 50) ist dies anders geworden. Unter 
den Begriff des Gewerbebetriebs im Umherziehen und damit unter die hier 
fraglichen beschränkenden Bestimmungen fällt nur das Hausiren außerhalb 
des eigenen Wohnorts resp. gewerblichen Domizils des Hau 
sirenden. Das Hausiren innerhalb desselben ist, wie in Preußen bereits 
seit Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1810, nunmehr auch für 
Nordhessen völlig freigegeben. 
Nach der Hausirverordnung von 1846, wenigstens nach der offiziellen 
Auslegung, welche dieselbe in einem Ministerialausschreiben von 1847 
(Küchler, Handbuch der Lokalstaatsverwaltung §. 993) erhalten hat, findet 
diese Verordnung auch in den Fällen Anwendung, in welchen die be 
reffende gewerbliche Thätigkeit (Waaren feilbieten u. s. w.) auf voraus 
gegangene Bestellung erfolgt. Nach §. 55 der Gewerbeordnung da 
gegen gehört zum Begriffe des Gewerbebetriebs im Umherziehen, daß die 
betreffende Thätigkeit ohne vorausgegangene Bestellung erfolgt, so 
daß, wo eine solche vorliegt, Titel III. überhaupt keine Anwendung findet. 
Nach den Bestimmungen des §. 55 fällt das Vermitteln von Ge 
schäften, insoweit es nicht (wie z. B. das Aufsuchen von Waarenbestel 
lungen Seitens eines nicht in Diensten seines Auftraggebers stehenden 
—— 
*) In Küchler, Handbuch der Staatsverwaltung §. 993 wird das Gegentheil 
behauptet. Es heißt daselbst: „Wenn ein Handelsmann in dem Orte, worin er 
ansässig ist, mit oder ohne Bestellung seine Waaren anbietet oder verkauft, so fällt 
dies nicht unter den Begriff des verbotenen Hausirhandels." Nach dem Zusammen 
hange scheint diese Stelle einem Ministerialausschreiben vom 9. Juni 1847 entnommen 
zu sein. Sollte dies der Fall sein, so würde daraus hervorgehen, entweder daß die 
Regierung schon 1847 ihre eigene 1846 erlassene Verordnung mißverstand, oder daß 
die 1846 erlassene Verordnung schon 1847 theilweise als unhaltbar in aller Stille mittelst 
eines Ministerialausschreibens wieder zurückgezogen werden mußte. 
Wie dermalen die Verwaltungspraxis ist, weiß Verfasser nicht. Jedenfalls besteht 
die Hausirverordnung de jure noch ihrem vollen Umfange nach fort. Uebrigens weisen 
auch noch andere Bestimmungen deutlich darauf hin, daß das „Hausiren" im Sinne 
unseres Polizeirechts, auch das Hausiren innerhalb des Wohnorts mit umfaßt. Vergl. 
die Verordnung vom 15. November 1842, den Hausirhandel mit Streichfeuerzeugen 
betr.; Verordnung vom 24. December 1860, §. 8 (Verbot des Hausirhandels mi, 
Wein u. s. w. aus finanziellen Gründen); Preßgesetz von 1862, §§. 45, 46 (Verbot 
des „Hausirens“ mit Druckschriften).
	        
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