Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

Der Staatshaushalt. 
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In Bezug auf die wirtschaftliche Freiheit, welche jenen kleineren Haushalten 
bezüglich der von ihnen vorzunehmenden Ausgaben gelassen ist, unterscheidet 
man die Ausgaben derselben in 1) obligatorische Ausgaben, welche gemacht 
werden müssen und entweder speziell oder bloß generell überwiesen sind; 
und 2) freiwillige oder fakultative Ausgaben, welche von den kleineren 
politischen Haushalten gemacht werden, ohne daß sie dazu von der Staatsregie 
rung genötigt sind. 
X. Zusammenhang der Ausgaben. Es darf nie vergessen werden, daß die 
Staatsausgaben schließlich einem großen Ganzen dienen sollen und deshalb nur 
im Zusammenhang beurteilt werden dürfen. Bei jeder neu auftretenden Aus 
gabe ist zu erwägen, welche Wichtigkeit und Dringlichkeit ihr im Gesamtsystem 
der Ausgaben zukomme. 
XI. Regelmäßigkeit der Ausgaben. Die Ausgaben sind entweder: 1) Or 
dentliche, welche jährlich oder doch in bestimmten Zeiträumen wieder zu 
machen sind und welche daher vernünftigerweise auch aus regelmäßig fließenden 
Einnahmequellen zu bestreiten sind. Je nachdem die Größe der zu veraus 
gabenden Summe immer gleich bleibt oder sich ändert, unterscheidet man diese 
Ausgaben in ständige und unständige. 2) Außerordentliche Ausgaben 
sind jene, die nicht regelmäßig wiederkehren. Sie werden entweder durch be 
reitgehaltene Mittel (Reservefonds) oder auf anderem Wege (Schuldaufnahme) 
bestritten. 
XII. Gegenwärtige und zukünftige Wirkung der Ausgaben. Die Wir 
kungen der Staatsausgaben unterscheiden sich, je nachdem sie ausschließlich der 
Gegenwart zu gute kommen (z. B. für Rechtspflege, polizeilichen Schutz, Volks 
gesundheit, Volksbildung ec.) oder auch der Zukunft (z. B. öffentliche Bauten ec.). 
Erstere müssen gerechter- und vernünftigerweise auch von der Gegenwart getragen 
werden; letztere dürfen zum Teil oder ganz den künftigen Geschlechtern aufge 
bürdet werden, indem man sie mit Hilfe von Schulden macht, welche später 
verzinst und heimgezahlt werden müssen. 
2. Die Staatsausgaben im einzelnen. 
Nach ihren Gegenständen lassen sich die Ausgaben einteilen in: 
I. Ausgaben aus der Verfassung, d. h. die Ausgaben für den Monarchen 
oder Präsidenten und für die Volksvertretung: Zivilliste, Apanagen, Diäten der 
Abgeordneten, Kosten der Parlamentshäuser und der Kammerbureaux ec. 
II. Ausgaben für Militärwesen sind nebst den Ausgaben für die Staats 
schuld und für die Finanzverwaltung die bei weitem bedeutendsten. Wie hoch 
sie sich zu stellen haben, wird nur wenig durch die finanzielle Leistungsfähigkeit 
der Länder bedingt, größtenteils durch ihre Stellung in der Weltpolitik. Diese 
Stellung hängt aber wieder ab von der geographischen Lage der Länder; von 
ihrer Nachbarschaft; von ihrer Geschichte, welche bald mehr, bald weniger Grund 
zu Konflikten gelegt hat; von mancherlei Zufälligkeiten. In letzter Zeit (1878 
bis 80) betrugen die militärischen Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung in Groß 
britannien 18,, Frankreich 15,7, Türkei 10,3, Deutschland 8,6, Rußland 7,3, 
Österreich 6,9, Italien 6,„, Ver. Staaten 6,0, Schweiz 4,, Mark. 
III. Ausgaben für die auswärtige Vertretung pflegen nur einen kleinen 
Teil der Gesamtausgaben auszumachen; in Deutschland 6,6 Mill. Mark, in 
England über 9 Mill. Mark, Frankreich 13 Mill. Frank. 
IV. Ausgaben für Justiz: für das Richterpersonal, Gerichtsgebäude, Ge 
fängnisse; Bureaukosten bei den Gerichten ec. Die Justiz ist eine so wichtige 
Staatsaufgabe und die Kosten derselben verhältnismäßig so gering, daß sie 
finanziell nur wenig Schwierigkeiten verursacht. Auch liefert sie anderseits 
eigene Erträgnisse (s. Gebühren).
	        
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